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Theater Theater: Campino gibt sich als Edelganove

Von Elke Vogel 13.08.2006, 17:54
Der Regisseur Klaus Maria Brandauer (l) und der Sänger der Rockband «Tote Hosen» und Darsteller des Mackie Messer, Campino,stehen am Freitag (11.08.2006) in Berlin nach der Premiere des Theaterstücks «Dreigroschenoper» im Admiralspalast nebeneinander auf der Bühne. (Foto: dpa)
Der Regisseur Klaus Maria Brandauer (l) und der Sänger der Rockband «Tote Hosen» und Darsteller des Mackie Messer, Campino,stehen am Freitag (11.08.2006) in Berlin nach der Premiere des Theaterstücks «Dreigroschenoper» im Admiralspalast nebeneinander auf der Bühne. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Der betagte Schauspieler und Entertainer trat nach 65Jahren erstmals wieder in dem legendären Theater an derFriedrichstraße auf. Charmant wie eh und je und wie immer mit Frack,Zylinder und weißem Schal ausgerüstet sang Heesters unter anderemnoch einmal einen seiner größten Erfolge: Graf Danilos «Heut geh' ichins Maxim» aus Lehárs «Die Lustige Witwe», in der Heesters von 1939bis 1941 im Admiralspalast auftrat.

Die eigentliche Eröffnungspremiere war am Freitagabend nichtminder prominent besetzt, wenn auch um etliches jünger und nicht ganzso erfolgreich. Campino (44), Sänger der Punkband Die Toten Hosen,gab als Mackie Messer in Brechts «Dreigroschenoper» seinTheaterdebüt. Während das Schauspieler-Team um Campino viel Applausvon den 1700 Zuschauern erhielt, musste Regisseur Klaus MariaBrandauer (63) ein wahres Buh-Konzert über sich ergehen lassen. Nebendem engagiert, aber noch etwas blass agierenden Campino gaben sichSchauspieler wie Katrin Saß («Good Bye, Lenin!»), Gottfried John,Birgit Minichmayr und Maria Happel alle Mühe, um gegen die mit wenigEsprit umgesetzte Inszenierung Brandauers anzuspielen.

Klassisch wollte Brandauer das Stück zu Brechts 50. Todestag am14. August auf die Bühne bringen. Ein wenig mehr Selbstironie undAnpassung an die heutigen Verhältnisse hätte das Werk aber vertragen.Die «Dreigroschenoper» war am 31. August 1928 im nahe gelegenenTheater am Schiffbauerdamm, dem später von Brecht geleiteten BerlinerEnsemble, mit sensationellem Erfolg uraufgeführt worden.

Ebenso wie der wegen verzögerter Bauarbeiten erst einen Tag vorder Premiere von der Bauaufsicht freigegebene Admiralspalast schienauch die Aufführung noch nicht ganz fertig zu sein. Die Geschichte umden Gangsterboss Mackie Messer fängt schleppend an. Bettler-Ausstatter Mr. Peachum (John), Mrs. Peachum (Saß) und ihre TochterPolly (Minichmayr) wirken auf der riesigen Bühne verloren. Dasrustikale Bühnenbild (Ronald Zechner) mit übereinandergestapeltenSchränken und die traditionell gehaltenen Kostüme (Petra Reinhardt)geben ihnen wenig Halt und Handlungsspielraum. Erst nach einer halbenStunde haben sich die Darsteller so richtig eingespielt.

Und ja, Kurt Weills Musik klingt mitunter richtig schräg, aber inder Premierenaufführung arbeiten Schauspieler und das DeutscheFilmorchester Babelsberg in Sachen Takt und Ton mitunter doch zuheftig gegeneinander. Stark in Spiel wie Gesang sind vor allem dieFrauenrollen. Campino hat als Punk-Sänger eindeutig mehrAusstrahlung, wenn er aber die sozialkritischen Songs schmettert,dann weiß der Zuschauer plötzlich, was Brecht mit seinemantikapitalistischen Singspiel gemeint hat.

Die Querelen um den fast geplatzten Eröffnungstermin sind auch amPremierenabend noch nicht ganz vergessen. Kurz bevor die prominentenGäste kommen, laufen noch die Bauarbeiter über den roten Teppich. Inden Foyers liegt kein Teppich beziehungsweise kein Parkett. Der Wegzu den Toiletten ist staubig, die an den Theatersaal angrenzendenGebäudeteile noch eine Baustelle. Die Gäste nehmen es gelassen -unter ihnen auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Die DeutscheBank ist Hauptsponsor des Projekts «Dreigroschenoper».

Nach und nach will Betreiber Falk Walter den Admiralspalast wiederzu dem großen Amüsiertempel ausbauen, der er seit den 20er Jahrenwar: Mit einem Club, einem Studio für kleinere Produktionen, einemGrand Café, den Galerie- und Konzerträumen Foyer 101 und einem auseigener Solequelle gespeistem Admiralsbad. Der Admiralspalast hateine wechselvolle Geschichte hinter sich - von der Eislaufbahn derKaiserzeit und dem Revuetheater der 20er Jahre über die NS-Zeit mitder «Führerloge» und der «Lustigen Witwe» bis zur «Politbürologe» derSED und der «Metropol»-Ära der heiteren Muse in der DDR-Zeit.

Bis zum 24. September ist die «Dreigroschenoper» zu sehen.