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"Tatort"-Kritik "Tatort"-Kritik: Diffus und zäh - aber mit guten Schauspielern

Von Martin Oehlen 09.02.2015, 05:52
Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel).
Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel). ARD Lizenz

Köln - Der Fall

Die eine Leiche: Enrico Schmitz, der tot am Bodensee-Ufer gefunden wird. Die andere Leiche: Der Revolutionär Levin, der 1848 lebendig eingemauert worden ist und dessen Gerippe jetzt auftaucht. So spricht die Polizei: „Mord verjährt nicht.“ Ein deutsch-schweizerischer Kriminalfall um Mord und Betrug, Schwarzgeld und die Rotweinflaschen der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff.

Die Täterin

Susan Tobler vom Schweizer Auktionshaus Tobler war’s, die mit der Versteigerung scheinbar alter Rotweinflaschen ihr Geschäft belebt. Mitwisser sind bei diesen Machenschaften immer ein Problem. Clemens Koch, der lange unter Verdacht steht, ist nur eine falsche Fährte. Dass er dann nicht wegen Mordes verhaftet wird, aber wegen möglicher Steuerhinterziehung vernommen wird, ist nur recht und billig.  

Die Tatwaffe

Passend zum weinseligen Thema: Ein Korkenzieher, allerdings keiner mit Wurzelgriff und gedrehtem Stahl, sondern einer mit langem Dorn und Druckluft.

Die besondere Emotion

„Sollen wir uns nicht Du sagen, Frau Blum?“ Das fragt der Schweizer Matteo Lüthi seine deutsche Kollegin mit der Herzlichkeit eines übermüdeten Schalterbeamten. Dann gibt es einen Kuss auf den Mund und ein paar romantische Stunden beim Wein. Blick auf den See inklusive.

Die Frauenfrage

„Ich bin jetzt 47  - Clemens ist meine letzte Chance!“ Das sagt die Mutter des ermordeten Rico. Damit erklärt sie, warum sie dem Mann ein Alibi verschafft hat, der unter Mordverdacht steht.

Der Hobby-Historiker

Der Aufstand von 1848 für mehr Freiheitsrechte ist die zweite Zeitebene des „Tatort“. Da spannen die Kostüme und wabert der Pulverdampf. Wäre nicht der junge Levin, Liebhaber der Annette von Droste-Hülshoff, bei lebendigem Leib eingemauert worden, hätte Friedrich Hecker womöglich tatsächlich die Republik Baden ausgerufen. Das sagt uns der Ermittler Kai Perlmann als Hobby-Historiker. Tatsächlich ist Heckers kleine Truppe in einem Gefecht im Schwarzwald aufgerieben worden.

Noch etwas Weinschmeckerlatein

Hans Lichius ist „Weinpapst“. Er verkostet einen angeblich fast 300 Jahre alten Wein gemeinsam mit den Kommissaren aus vollen Gläsern, als käme die Flasche aus dem Supermarkt. Seine Expertise: „Mächtiges Bouquet  - Quitte, Liguster, Holz, Röstaromen, erdig.“ Wohlsein!

Alles in allem

Es ist grundsätzlich ein Ballast für jeden Bodensee-„Tatort“, dass er diesseits und jenseits der deutsch-schweizerischen Grenze spielen muss. Nun kommt noch die doppelte Zeitebene hinzu: Gegenwart und 48er Revolution. Dadurch wirkt alles diffus und überhaupt nicht fokussiert. Ein „Tatort“ mit einigen guten Schauspielern, der sich zäh über die Zeit rettet.