"Tatort" aus München "Tatort" aus München: Orientalischer Klischee-Wust

Köln - Schnelligkeit, das haben nicht zuletzt die Quotenwunder-Tatorte mit Till Schweiger gelehrt, kommt gut an. So gesehen startet der neue Münchner Tatort nicht schlecht: Ein Lamborghini rast durch die Straßen, die Polizei ist ihm auf den Fersen. Wie sich herausstellt, hat der Fahrer eine Leiche im Gepäck und damit allen Grund zur Eile.
Der Verkehrssünder ist Prinz Nasir Al Yasaf (Yasin el Harrouk), Sohn des Emirs eines schwerreichen (fiktiven) Wüstenstaates. Und der Tote ist sein Adoptivbruder Karim. Der war während des arabischen Frühlings in der Opposition aktiv und außerdem Nasirs Nebenbuhler im Werben um die schöne Michaela (Morgane Ferru). Hat der Prinz seinen Bruder etwa selbst auf dem Gewissen?
Das herauszufinden ist nicht einfach für die Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec), denn das adelige Söhnchen genießt Diplomatenstatus und damit das Recht, sich sämtlichen Ermittlungen zu entziehen. Dass „Der Wüstensohn“ aber auch für den Zuschauer schwer zu ertragen ist, wird spätestens nach 20 Minuten klar. So lange wartet man noch auf eine Pointe, die dem orientalischen Klischee-Wust eine unerwartete, ironische Wendung gibt.
Danach dämmert auch dem Wohlwollendsten, dass das Feuerwerk der Stereotype, das hier abgefeuert wird, Leitmotiv der Episode ist. Das ist nicht nur deshalb ärgerlich, weil „Der Wüstensohn“ damit permanent haarscharf am Rassismus vorbeischrammt, sondern auch, weil die an sich spannende Eingangsidee verschenkt wird.
Regisseur Rainer Kaufmann hält die Rasanz der Einleitung konsequent durch, doch anstatt sich auf einige Aspekte zu konzentrieren und ihnen mehr Tiefe zu geben, macht er den „Tatort“ zum Eifersuchtsdrama, Islamkritikstück und Politkrimi auf einmal und tappt auch hierbei in jede Klischeefalle. Es geht um illegale Geschäfte und Drogen, aber irgendwie auch um Sex mit Minderjährigen, um Wirtschaftskriminalität und korrupte Politiker.
Das Land Bayern hat seine Finger mit im Spiel, und der zuständige Staatsanwalt wirft den eifrigen Ermittlern Knüppel zwischen die Beine. Das alles ist nicht nur unglaubwürdig, sondern auf die Dauer auch reichlich nervtötend.
Dass man sich diesen Tatort trotzdem bis zum Ende ansehen kann, ohne danach über 90 Minuten verlorene Lebenszeit zu klagen, liegt an dem gewohnt hervorragenden Ermittler-Team Batic/Leitmayr, das mit seinem Nebenbei-Gekabbel zu Höchstform in schönster Screwball-Tradition aufläuft.