Tanz Tanz: Gret Paluccas Sommerhaus und ein Traum

Dresden/Hiddensee/ddp. - Seit demTod der Künstlerin 91-jährig im Jahr 1993 ist das Gebäudeheruntergekommen - in zwei Wochen soll es versteigert werden. DerFörderverein der 1925 von der Tänzerin gegründeten Palucca-SchuleDresden kämpft derzeit darum, das Haus kaufen und es für Stipendiatender sächsischen Kunstakademien zugänglich machen zu können.
Das Ausgangsgebot liege bei 380 000 Euro, sagt der Rektor derHochschule, Jason Beechey. Der Verein will bis zur Auktion 400 000Euro zusammenbekommen. Nur dann habe man eine realistische Chance,den Zuschlag für das Haus zu bekommen und «Paluccas Traum zuverwirklichen, aus dem Haus ein Künstlerhaus zu machen».
Wie Beechey glaubt auch Susanne Beyer, Kulturjournalistin undAutorin einer am Dienstag erschienenen Palucca-Biografie, dassPalucca das Haus ursprünglich an die Schule vererben wollte. «Dasssie das nicht so in ihrem Testament festgelegt hat, liegt wohl daran,dass sie nach der Wende herausfand, dass jemand aus der Schule siebespitzelt hatte», sagt Beyer.
Palucca starb wenige Jahre nach der Wende in Dresden, wo sie seitihrer Kindheit gelebt hatte und zu einer festen Größe im kulturellenLeben geworden war. Die von ihr gegründete Schule, in der Tanz -klassisch und modern - im Vordergrund stand, gibt es noch heute.«Dass Palucca und ihre Schule so viele Systeme überdauert haben, istfür mich der faszinierendste Aspekt ihrer Geschichte«, sagt Beyer.Dabei habe Palucca ihre Stellung durchaus geschickt zu nutzengewusst.
In ihrem Buch «Palucca - Die Biografie» schildert Beyer PaluccasLebensweg - ihre Erziehung, ihre Konkurrenz zu Mary Wigman, ihreEhen, ihre Beziehungen zu Frauen. Dazu durchforstete die 39-Jährigeunter anderem den umfangreichen Nachlass der Tänzerin, in dem sichauch Hunderte Privatbriefe befanden. Dass sie nicht mit Paluccaselbst sprechen konnte, empfindet die Autorin nicht als Nachteil.«Natürlich wäre es schön gewesen, aber auf diese Weise bewahrt mansich auch eine gewisse Distanz», sagt Beyer.
Die Idee zu dem Buch habe sie schon zur Jahrtausendwende gehabt,weil sie einige Tanzaufführungen der Palucca-Schule gesehen habe undbegeistert gewesen sei, erzählt die Autorin. Sie habe mit derRecherche begonnen und mit dem Schreiben, habe das Manuskript dannaber immer wieder zur Seite gelegt. Grund dafür war neben Zeitmangelauch eine gewisse Unsicherheit, ob sie sich eine Biografie über eineso bedeutende Dresdner Persönlichkeit als Nicht-Ostdeutsche zutrauenkonnte. Über die Schule, die sie bei ihrer Recherche auch besuchte,sagt Beyer: »Ich glaube, Palucca würde es gefallen, wie die Schuleheute geführt wird.«
Deutschlands einzige reine Tanzhochschule steht seit drei Jahrenunter Jason Beecheys Leitung. Die Verbindung von Improvisation,klassischem und zeitgenössischem Tanz, wie sie an der Schule gelehrtwerde, sei etwas, nach dem er lange gesucht habe, sagt der 38-jährigegebürtige Kanadier. An Palucca gefalle ihm, dass sie dazu anregte,Bewegung selbst zu kreieren - im Gegensatz zum klassischen Tanz mitseinem festen Bewegungsrepertoire. Die Ausbildung zum Profitänzerbeginnt in der 5. Klasse und dauert - wenn sie bis zum Master geführtwird - neun Jahre. Neben der Tanzausbildung können die Schüler aucheinen Realschulabschluss machen.
»Gemäß den Vorstellungen von Gret Palucca versuchen wir, hier einemöglichst komplette Ausbildung anzubieten», sagt Beechey. Dazugehörten neben den Tanzkursen die Auseinandersetzung mit Architektur,Musik, Dramaturgie und Multimedia. Immer wieder betont der Rektor,wie wichtig es sei, während der Ausbildung mit anderen Kunstformen inKontakt zu kommen.
Damit ist Beechey thematisch wieder bei dem Sommerhaus angekommen.Bislang habe der Verein eine fünfstellige Summe gesammelt, sagt er.Die Gedanken über die Kosten für eine Sanierung hebt er sich fürspäter auf: «Gelingt uns der Kauf, können wir ohne Zeitdruck Mittelfür die Sanierung akquirieren.»

