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Stimmen zur Film-Premiere Stimmen zur Film-Premiere: Wenig Publikum und viele ratlose Gesichter

Von Kirsten Begert und Thomas Schaarschmidt 19.03.2004, 17:57
Der Schauspieler James Caviezel in einer Szene aus dem Film "Die Passion Christi" des Regisseurs Mel Gibson. In dem kontroversen Skandalfilm um die letzen 12 Stunden im Leben von Jesus Christus geht es brutal zu. Für das Publikum sichtbar wird Jesus gequält, gekreuzigt und gegeißelt. Der vorgezogene Start des Films ist der 18.03.2004. (Foto: dpa)
Der Schauspieler James Caviezel in einer Szene aus dem Film "Die Passion Christi" des Regisseurs Mel Gibson. In dem kontroversen Skandalfilm um die letzen 12 Stunden im Leben von Jesus Christus geht es brutal zu. Für das Publikum sichtbar wird Jesus gequält, gekreuzigt und gegeißelt. Der vorgezogene Start des Films ist der 18.03.2004. (Foto: dpa) Constantin Film

Halle/Dessau/MZ. - "Die vielen Negativschlagzeilen machen denFilm doch erst recht interessant", meintendie Brüder Holger und Axel Möbius, 39- und37-jährige Handwerker aus Halle, vor dem Beginn.Gespannt wartete auch Domprediger Martin Filitzmit seinem Sohn Benjamin. "Ich möchte wissen:Wie soll ich mich hinterher fühlen? Wütendsein auf die Römer oder die Verräter?", soder 47-Jährige.

Das hallesche Publikum zeigt sich zunächstsehr entspannt. Bierflaschen werden hineingetragen, ein Pärchen knabbert Chips. Es knistertirgendwo, als Jesus, dargestellt von Jim Caviezel,im Ölgarten verzweifelt betet, als ihn Satanversucht und als er verhaftet wird.

Als ihm aber Peitschenhiebe das Fleisch vomLeib reißen und sein Blut aus zahllosen Wundenquillt, hat das Knistern aufgehört. Eine jungeFrau, Anja Kreßner aus Halle, hält inzwischenihre Hand wie einen Sonnenschutz vor die Stirn,um sich, falls nötig, schnell ihre Augen zuzuhalten.Etwa, als Jesus die Arme gebrochen und Nägeldurch die Hände getrieben werden.

"Weil es einfach nicht mehr ging, zuzusehen.Nicht nur, weil ich Christin bin", sagt die21-Jährige nach der Vorführung, als einigeZuschauer wie benommen aus dem Kinosaal taumeln.

"Der Film will wohl zeigen, dass Jesus insGuinessbuch der Rekorde gehört, für den grausamstenTod, der jemals gestorben wurde", meint derTheologe Filitz. Er sei enttäuscht, wie undifferenziert,antisemitisch und banal auf Grausamkeit orientiertdiese Geschichte gezeigt wurde.

"Dadurch wurde er richtiglangweilig und schlecht", fügt sein Sohn an.Die Brüder Möbius atmen zur Erholung tiefdurch. "Immer, wenn man dachte, jetzt gehtes nicht mehr brutaler, wurde noch eins draufgesetzt", sagt der Ältere. Man sei kaum berührt,dafür immer aufs Neue schockiert worden. "Ichbin froh, dass mein 17-jähriger Sohn nichtdabei war."

In der Dessauer UCI-Kinowelt fanden sich nuretwa 30 Gäste am Premieren-Abend ein. EinigeFilmfans waren abgesprungen, als sie registrierten,dass "Die Passion Christi" mit deutschen Untertitelnläuft. "Aber das stört eigentlich wenig",meint Jens Dresche, "es wird sowieso nichtso viel gesprochen." Mehr Eindruck übten aufDresche einige drastische Szenen aus. Abervon "blutrünstig" wolle er nicht reden: "Einfachkein Film für jedermann."

Juliane Müller ist enttäuscht: Nur wegen derDebatte sei sie ins Kino gegangen, aber ihreErwartungen wurden nicht erfüllt. "Ich denke,der Hype vorab war nötig, um überhaupt Zuschauerzu bekommen. Wer hätte sich sonst einen Filmin Aramäisch und Latein angesehen?"

Jim Caviezel als Jesus Christus in Mel Gibsons «Die Passion Christi». (Foto: dpa)
Jim Caviezel als Jesus Christus in Mel Gibsons «Die Passion Christi». (Foto: dpa)
Icon Distribution Inc./Constantin Film