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Steve Wozniak Steve Wozniak: Legenden des Computerzeitalters

Von Renate Grimming 27.11.2006, 09:02
Die US-Amerikaner Steve Wozniak (r) und Steve Jobs sitzen an einem Computer (Archivfoto von 1976). (Foto: dpa)
Die US-Amerikaner Steve Wozniak (r) und Steve Jobs sitzen an einem Computer (Archivfoto von 1976). (Foto: dpa) Apple

Hamburg/dpa. - Er gehört zu den Leuten, die man im Amerikanischen nichtganz so nett «Nerd» nennt - technik-vernarrte Computerfreaks, diezwischen PC und Pizza-Schachtel schon mal soziale Kompetenz für einüberflüssiges Bauteil halten. Zu Recht nennt er sich Erfinder desPersonal Computers. Steve Gary Wozniak, Mitbegründer von AppleComputer, hat nun seine Autobiografie herausgebracht. Es seien vielefalsche Gerüchte über ihn in Umlauf gebracht worden, so dass er amEnde Bücher über Apple «aus tiefstem Herzen» gehasst habe, sagt er.

Steve Wozniak, Spitzname Woz, ist das genaue Gegenteil von SteveJobs, seines charismatischen Geschäftspartners und heutigenApple-Chefs, und stand Zeit seines Lebens lieber mit Lötkolben imIngenieur-Labor als im öffentlichen Rampenlicht. Dabei ist Wozniakmit der Erfindung des Apple I, des ersten Personal Computers, längstin die Annalen der Computergeschichte eingegangen. Das ungleiche Paarkannte sich aus High-School-Tagen und traf Mitte der siebziger Jahreim Homebrew Computer Club in einer Garage im heutigen Silicon Valleyaufeinander, einer «merkwürdigen, schrulligen Truppe von Leuten», dieeines verband: Die Vision, einen für jedermann erschwinglichenPersonal Computer zu bauen.

Erstmals war zu dieser Zeit auch ein echter und bezahlbarerMicroprozessor auf den Markt gekommen - der entscheidendeGrundbaustein für Wozniaks Erfindung. Bis dahin gab es nurkostspielige Computeranlagen ohne Display und Tastatur, derenblinkende Signallämpchen höchstens bei einem Bastler oder IngenieurBegeisterung hervorrufen konnten. Mit seinem ersten Prozessor vonMotorola, den Jobs ihm günstig verschaffte, verwirklichte «Woz»seinen Traum: Er baute - damals noch an seinem Arbeitsplatz beiHewlett-Packard, wo er Taschenrechner konstruierte - den erstenComputer mit Tastatur und farbiger Bildschirmausgabe.

Vielfach sei kolportiert worden, er habe gemeinsam mit Jobs dieersten Computer zusammengebaut, schreibt Wozniak. «Das stimmt nicht,ich habe sie allein gebaut.» Doch ohne den Geschäftssinn seinesCompagnons wäre die «Computer-Revolution» in den siebziger Jahrenvermutlich anders verlaufen. «Ich konstruierte den Apple I auchdeswegen, weil ich ihn an andere verschenken wollte», sagt Wozniak.Jobs dagegen hatte die Idee, eine Firma zu gründen und zunächstfertige Bauteile für Computer an die vielen Enthusiasten im SiliconValley zu verkaufen.

Um das Startkapital von rund 1000 Dollar zusammenzubekommenverkaufte Wozniak seinen Taschenrechner HP 65 und Jobs seinen VW-Bus.Doch schon bald sollte im Elektronikladen «Byte Shop» der ersteinteressierte Käufer aufschlagen, der einen vollständigzusammengebauten Computer erwerben wollte. Der Stein war damit insRollen gekommen. «Bis Anfang 1976 hatten wir etwa 150 Computerverkauft. Nicht bloß über den Byte Shop, sondern auch über anderekleine Läden, die im ganzen Land aufmachten.» Die Computer-Revolutionnahm ihren Lauf. Wozniak und Jobs waren damals 25 und 21 Jahre alt.

Der Apple I blieb nicht lange der einzige Personal Computer. GroßeUnternehmen wie Hewlett-Packard oder IBM hatten das Potenzial derkleinen Kisten zwar noch längst nicht erkannt, doch der Siegeszug dermeist von Enthusiasten zusammengebauten Geräte war nicht mehraufzuhalten. Mit dem Apple II sollten die beiden Firmengründer dieKonkurrenz noch ein paar Jahre auf Abstand halten. Doch auch dieErfolge mit dem leistungsfähigen Nachkömmling machten aus demIngenieur Wozniak keinen Geschäftsmann.

Nur widerwillig und nach hartnäckigem Zureden konnte er sich dazudurchringen, für die neue Firma Apple Computer seinen geliebten Jobbei Hewlett-Packard aufzugeben. Überhaupt konnte er, der in seinerTechnik-Begeisterung maßgeblich von seinem Vater, einem Ingenieur beiLockheed, geprägt wurde, manch anderem elektronischen Projekt diegleiche Leidenschaft entgegenbringen. So schildert Wozniakausführlich, welchen Spaß er mit einem selbst gebauten Gerät hatte,das das Signal eines Fernsehers unbemerkt stören konnte.

Durch einen dramatischen Flugzeugabsturz Anfang der achtzigerJahre verlor Wozniak über Wochen sein Gedächtnis. Sein Engagement fürein von ihm initiiertes - und finanziertes - Open-Air-Festival alsWoodstock-Nachfolger brachte ihm bescheidenen Erfolg, kostete ihnallerdings mit zwölf Millionen Dollar auch ein Vermögen. Ende derAchtziger landete der heute 54-Jährige mit seiner Firma C9, die erfür die Vermarktung einer Universal-Fernbedienung gründete, eineweitere «Bruchlandung». Heute widmet sich Wozniak unter anderemseinen Kindern und dem Unterricht von Schulkindern.

Nach internen Machtkämpfen und tiefer Krise bei Apple ist SteveJobs seit Ende der Neunziger wieder Geschäftsführer und Chef-Visionärdes Unternehmens. Auch Wozniak gehört bis heute pro forma zumMitarbeiterstamm von Apple, hat seine aktive Mitarbeit jedoch längstaufgegeben. Er habe, anders als immer wieder kolportiert, Apple nichtim Streit verlassen, betont Wozniak. Trotz mancher Auseinandersetzungsei er mit seinem ungleichen Weggefährten Jobs versöhnt. Auch dasseien hartnäckige Gerüchte, die er mit seiner Autobiografie ausräumenwolle.

Steve Wozniak: «iWoz. Wie ich den Personal Computer erfand und Apple mitgründete» Übersetzung von Jürgen Dubau
Carl Hanser Verlag München 2007
321 S., 19,90 Euro
ISBN-10: 3-446-40406-6