Sportfreunde Stiller Sportfreunde Stiller: "Es ist ruhiger geworden"

Leipzig/MZ - Die T-Shirts am Merchandisingstand gingen weg wie warme Semmeln. „Sportfreunde will never die“, stand drauf. Sportfreunde werden nie sterben. Das darf man erst einmal getrost glauben. Die Sportfreunde Stiller melden sich zurück und sind lebendig wie eh und je.
Nie mehr Fußball-Band
Die Band hat sich viel Zeit gelassen mit ihrem neuen Album: Sechs Jahre sind seit ihrem letzten Studioalbum „La Bum“ vergangen, vier Jahre seit dem Auftritt in der Reihe MTV Unplugged. „New York, Rio, Rosenheim“ heißt die neue Platte und sie klingt wie eben ein Platte der Sportfreunde Stiller klingt. Das Konzert im Leipziger Haus Auensee am Sonnabend war denn auch ein Konzert, wie man es von der Band erwartet. Mit einer Ausnahme: Ihre Zeit als Fußballband haben die drei abgehakt.
„Im Publikum sind inzwischen mehrere Generationen von Leuten. Die, die von von Anfang an mit uns mitgegangen sind, die, die über die Fußballzeit gekommen sind. Da gab es Querelen mit den alten Fans, aber wir haben uns mit dem Unplugged-Album versöhnt“, sagt Schlagzeuger Flo Weber. Und wie es scheint, wollen die drei den Frieden nicht wieder gefährden. Bis auf den alten Gassenhauer „Ich, Roque“, der eine Hymne auf den Profi Roque Santa Cruz ist, ist nichts zuhören, was an Fanmeilen und Schwarz-Rot-Gold erinnern könnte. Die Band will eins ihrer Erkennungsmerkmale offensichtlich mit Macht loswerden. „Wir haben uns 2006 an dem Thema abgearbeitet und haben uns gefragt, wie erfindet man sich als Künstler neu“, sagen sie. Und wie? Geht das überhaupt noch?
Die Ruhe vor der Bühne
Es bleibt die Befürchtung, dass sich damit auch das Kapitel Sportfreunde Stiller zu Ende erzählt hat. Dass es keine Entwicklung mehr gibt, dass die Band stagniert. Auch innerhalb der Band. „Ich hatte in den vergangenen Jahren schon hin und wieder den Gedanken, dass es nicht mehr weitergeht. Aber nicht aus Mangel an Kreativität, sondern aus zwischenmenschlichen Gründen“ sagt Bassist Rüdiger Linhof unverblümt. Dass sie sich nach einer Zeit der Ruhe doch zusammengerauft haben und wieder Musik machten, liegt wohl auch daran, dass sich die drei schon so lange kennen und ohne einander so richtig nichts anzufangen wissen. „Wir sind nicht nur eine Band, wir sind Freunde“, sagt Weber.
Seit 17 Jahren stehen die Sportfreunde für gute Laune, Texte zum Mitgrölen, eingängige Melodien und Partystimmung. Und können anscheinend nicht anders, wie die jüngste Platte beweist. Auch, wenn die Sportfreunde nicht mehr die jüngsten sind. Die drei Musiker sind inzwischen um die 40 Jahre alt und stehen nach sechs Alben vor dem Problem, das alle Bands haben. „Es wird schwerer, Themen zu finden, wenn man älter wird. Wir versuchen, bei unserem Stil zu bleiben. Aber das ist nicht mehr so leicht“, sagt Flo Weber. Neu erfinden gehe nicht. Es würde ihnen wohl auch niemand abnehmen, wenn die Sportfreunde plötzlich über Politik und Umweltverschmutzung singen würden. Also machen sie einfach weiter wie immer, wenn auch nicht mehr ganz so krachend und lauthals wie 1997.
"Es ist ruhiger geworden"
Die Sportfreunde sind reifer geworden. Schon der Auftritt vor ausverkauftem Haus in Leipzig zeigt, dass sie es ruhiger angehen lassen. Das erste Lied des Konzert war mit „Lass mich nie mehr los“ ein Liebeslied, ruhig und entspannt. Auf der Bühne geht es eben gesetzter zu, vor der Bühne erst recht. „Die Bewegungen im Publikum sind nicht mehr so wie vor 17 Jahren. Es ist ruhiger geworden“, gibt Weber zu. Trotzdem gebe es nach jedem Konzert ein großes Hallo, das man genieße. Wie lange geht das noch gut? Haben sich die Sportfreunde Stiller leergeschrieben? „Das ist keine Frage der Inhalte, sondern davon, wie lange man Lust hat. Schaut euch die Rolling Stones an oder die Toten Hosen, Die singen immer noch von den selben Themen wie vor Jahrzehnten“, sagt Flo Weber. Es kann also funktionieren. Oder auch nicht. „Die meisten Bands, die versuchen sich völlig zu ändern und merken, dass es nicht funktioniert, lösen sich dann auf.“
Ganz am Ende kommen sie doch noch einmal auf Fußball zu sprechen. „54,74,90,2006 ist eine meiner Lieblingszeilen unserer Texte“, sagt Linhof nach reiflicher Überlegung. Und wohl eine Zeile für den Grabstein der Band, wenn es den überhaupt einmal geben sollte. Denn vorerst sieht es so aus, als wollten sie sich für den großen Abschied noch Zeit nehmen. „Es geht weiter. Wir werden uns nach der Tour zusammensetzen und neue Songs schrieben“, sagt Weber. Sie können es nun mal nicht lassen. Sportfreunde will never die.