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Soundtrack zu "Gundermann" Soundtrack zu "Gundermann": Die Auferstehung eines vergessenen Riesen

Von Steffen Könau 25.08.2018, 11:00
Scheer als „Gundi“
Scheer als „Gundi“ Buschfunk

Ist er das? Oder nicht? Oder doch? Die knarzige Stimme, das Näseln, das raue Kratzen im Hals, alles klingt nach Gundermann in „Ich mache meinen Frieden“, dem Eröffnungsstück des Soundtrack-Albums zum gleichnamigen Kinofilm von Andreas Dresen.

Doch der da singt, ist nicht Gerhard Gundermann, der vor 20 Jahren verstorbene Liedermacher aus der Lausitz. Sondern der 41-jährige Schauspieler Alexander Scheer, der „Die Musik zum Film Gundermann“, so der sperrige CD-Titel, genauso frappierend souverän intoniert wie er den Kino-Gundi auf der großen Leinwand verkörpert.

Soundtrack zu „Gundermann“: 15 Songs in nur sieben Tagen

Umso erstaunlicher ist das, als die 15 Songs in nur sieben Tagen von Scheer und der Band des Liedermachers Gisbert zu Knyphausen eingespielt wurden. Mit dem Saxophonisten Andy Wieczorek ist ein Ex-Gundermann-Mann beteiligt, auf die übrigen Musiker der „Seilschaft“ wurde dagegen verzichtet, weil Produzent Jens Quandt den Sound der Originale nicht reproduzieren, sondern ihn moderner machen wollte, ohne die Songs gegen die Hörgewohnheiten des Gundermann-Publikums zu bürsten.

Gelungen. Was bei Gundermann einen leicht folkigen, oft auch direkt am großen Idol Bruce Springsteen angelehnten Klang hatte, wirkt jetzt entschlackt und sehnig. Der Hall ist weg, ebenso der Orgelnebel, dafür spielen Jens Fricke und Gunnar Ennen bei „Lancelots Zwischenbilanz I“ E-Gitarren, die an Englands Punk-Liedermacher Billy Bragg erinnern. Bei „Brigitta“ dagegen, dem Liebeslied für eine Kohlengrube, ist die Geschwindigkeit reduziert, was die Dramatik spürbar erhöht.

Soundtrack zu „Gundermann“: Zeitlosigkeit von Klassikern wie„Gras“, „Hier bin ich geboren“ und „Und musst du weinen“

Dass Gundermanns Stücke, teilweise schon 30 Jahre alt, in Scheers Interpretation klingen wie eben geschrieben, spricht für die Zeitlosigkeit von Klassikern wie„Gras“, „Hier bin ich geboren“ und „Und musst du weinen“, die aus den ja insgesamt nur fünf Studioalben Gundermanns ausgesucht wurden.

Was hier zu hören ist, ist kein „Ostrock“, sondern eher die Lausitz-Variante von Springsteens hemdsärmligem Blue-collar-Rock: Ein Mann singt von Schmerzen, von Verletzungen, Enttäuschung und Hoffnung in einem Landstrich, „wo die Kühe mager sind wie das Glück“. Und seine Band spielt dazu, dass sich das Elend für ein paar Momente wegtanzen lässt. (mz)