Scycs Scycs: Laute Lieder und Freibier
Halle/MZ. - Gitarrist Mario Swigulski hat sich die Unterarme tätowieren lassen. Der Bart ist ab bei Sänger Stefan Michme. Und der Mega-Plattenvertrag mit der Weltfirma ist neuerdings auch fort. "Zum Glück", sagt Michme, "wir hatte schon lange das Gefühl, dass wir da nicht mehr hingehören."
Schließlich, und das war schon immer so, verstand sich seine Band Scycs von Anfang an als Rockband: Laut sollte es sein, Spaß sollte es machen. Und wenn das Ganze Erfolg hat und Stadien einem zu Füßen liegen, umso besser! Dagegen standen bald die Maßstäbe einer Branche, die zuallererst Trendgängigkeit, Marketing, Verkaufszahlen heißen.
Heute Abend sind die Scycs deshalb nicht in der großen Halle, sondern im kleinen Club "Palette", um ihr neues Album "Play it loud" vorzustellen, das ursprünglich bereits im vergangenen Jahr unter dem Namen "Time Lapse" beim Major Polydor erscheinen sollte und nun neu abgemischt die erste Veröffentlichung ihres eigenen Labels "Heartdisco" ist. Doch der Kopfsprung vom Gipfel der Hitparade, in der sich die fünf Magdeburger seit einem Auftritt in der Fernsehserie "Unter uns" und dem ersten Hit "Next November" anno 1998 einen Stammplatz erobert hatten, ist der Stimmung in der Band eher zugute gekommen. Weg ist die Versuchung, Kompromisse zu machen, fort der Druck, das Geld der Firma wieder einspielen zu müssen.
Jetzt gibt Stefan Michme erstmal einen aus. "Weil die Eintrittspreise uns hier ein bisschen hoch zu sein scheinen", sagt der Ex-Radio-DJ, "haben wir erstmal Bier für alle gekauft." Jubel, Trubel, Prost. Dann brettert es los, ein Konzert, das die Musiker später selbst als ihr "bestes bisher" bezeichnen werden: Abgefedert durch die geraden und harten Songs des neuen Albums rocken Sachsen-Anhalts einzige Rockstars als gelte es das Leben. Dass es dabei vor allem die hymnischen Stücke der frühen Jahre sind, die begeistert gefeiert werden, offenbart nicht die Schwäche der neuen Songs, sondern unterstreicht nur die Klasse der Scycs-Klassiker. Schwere Gitarren schwingen hier die große Gefühlskeule, Queen-Melodien schunkeln mit Nirvana-Bässen. Mitten in der deutschen Pop-Öde, die nur Selbstironie oder Stumpfsinn kennt, wagt der Ex-Hallenser Stefan Michme noch die große Geste, scheut sich seine blind eingespielte Band nicht vor Pathos und überraschenden Parolen. "Brennt Musik", ruft Michme, "ladet sie aus dem Netz runter, kopiert sie!" Auch wenn die Industrie den Tod der Popmusik beschwören. "Worum die Angst haben, ist nicht die Rockmusik, sondern ihr Geschäft." So lange es aber Leute gebe, "die in den kleinen Klubs zu kleinen Bands wie uns kommen, wird auch der Rock'n'Roll leben." Dann rudert er mit den Armen. Die Band spielt "Unbelievable", den EMF-Kracher von 1991. Und der Saal singt.
Termine: 30.5. Aschersleben, 31.5. Neuenburg, 7.6. Magdeburg, 8.6. Berga