Schlagersängerin Michelle im Interview Schlagersängerin Michelle im Interview: "Ich weiß wo es langgeht"

Halle (Saale) - Kaum eine andere Schlagerkarriere ist so von Höhen und Tiefen geprägt wie die von Michelle. Jetzt präsentiert sich die 42-Jährige stärker als je zuvor. Im vergangenen Jahr legte sie das Album „Die Ultimative Best Of“ vor. Und auch privat scheint Michelle das große Glück gefunden zu haben, sagt: „Ich bin sehr glücklich und angekommen.“ Ihr 25. Bühnenjubiläum feiert sie nun mit einer Live-Tournee. Diese führt sie am 26. Februar ins Gewandhaus Leipzig und am 4. März ins Steintor-Varieté Halle (Beginn jeweils 19.30 Uhr). Vorab hat MZ-Mitarbeiterin Kornelia Noack mit Michelle gesprochen.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie mit 40 Jahren nicht mehr auf der Bühne stehen möchten. Heute sind Sie 42 und gehen auf große Solo-Tournee. Was ist passiert?
Michelle: Ich denke, dass man Vorsätze hat, um sie zu brechen. (lacht). Damals war 40 für mich wirklich eine Grenze, wo ich dachte, da muss man eigentlich aufhören. Aber wenn man mit 17, 18 so etwas sagt, dann ist 40 eben wahnsinnig alt. Ich sehe es ja jetzt an meiner Tochter. Sie ist 18, und für sie bin ich alt. Und genau so war das auch für mich damals. Jetzt bin ich 42 und ich fühle mich immer noch wie 20. Aber erst jetzt habe ich das Gefühl, dass ich mich das erste Mal in meinem Leben gefunden habe und mein Leben leben kann, so wie ich das gern möchte, ohne gelenkt zu werden. Heute weiß ich, wie das Leben funktioniert und wo es langgeht. Das weiß man mit 18 oder 19 noch nicht.
Haben sich einige Kollegen damals nicht auf die Füße getreten gefühlt?
Michelle: Nein, überhaupt nicht. Ich habe immer gesagt, was ich denke. Und so bin ich auch heute noch. Das möchte ich auch gern behalten.
Sie melden sich nach zwei Jahren mit einem neuen Album zurück. Wieso ist es eine Best-of-CD und kein normales Album?
Michelle: Es hat sich natürlich angeboten, 25 Jahre Michelle in ein „Ultimatives Best of“ zu verpacken. Nun schließen wir das Jubiläum mit einer wunderbaren Tournee ab, um 2015 wieder ein neues Album zu machen. Wir hätten noch viel mehr alte Lieder auf das Best of draufgepackt, wollten aber auch gern noch ein paar neue mit dazugeben. Am Ende hat der Platz für sieben neue Lieder gereicht.
Und wieso das „Ultimative Best Of“?
Michelle: 25 Jahre sind ja schon eine Zeit! Und die Songs sind von verschiedenen Alben zusammengestellt, wie sie aus rechtlichen Gründen noch nicht benutzt werden durften. Wir wollten, dass es etwas Einzigartiges bleibt.
Sie werfen also nicht nur einen Blick zurück, sondern zeigen auch, wo es musikalisch hingeht.
Michelle: Man sollte schon mal einen Blick zurückwerfen. Das ist das Leben, das begleitet einen, mit allem, was dazu gehört und mit allem, was im Kopf bleibt. Aber musikalisch sollte es auf jeden Fall immer weiter nach vorn gehen. Wenn ich jetzt selbst meinen ersten Song „Und heut Nacht will ich tanzen“ und dann den neuesten Titel „Paris“ höre, dann ist das ein Riesensprung! Da merkt man einfach, dass sich musikalisch etwas bewegt, Gott sei Dank, und dass ich mich stimmlich weiterentwickle.
Sie haben bei den neuen Titeln mit Peter Plate von Rosenstolz zusammengearbeitet. Wie kam es dazu? Er steht nicht unbedingt für Schlager.
Michelle: Peter wollte schon immer gern einen Song für Michelle schreiben. Als wir dann gesucht haben, wer vom Typ und von der Sprache her zu mir passt, haben wir ihn angefragt. Ich wollte ein bisschen was anderes, schon Schlager, aber anders. Und ich bin ja Rosenstolz-Fan, weil Peter eine ganz eigene Sprache hat. Sie ist anders, trotzdem versteht sie jeder und sie ist nicht weit weg vom Schlager. Er hat direkt zugesagt und den Titel „Paris“ geschrieben.
Wie war die Arbeit mit
ihm?
Michelle: Die Zusammenarbeit im Studio war klasse! Ich kann mir auch vorstellen, mit Peter das nächste Album zu machen. Er ist einfach auf den Punkt. Ich mag das Arbeiten mit ihm, weil er ein total kreativer, durchgeknallter
Kopf ist, ein bisschen wie ich.
Jetzt steht erst einmal Ihre große Jubiläumstournee an. Worauf dürfen sich die Fans am Konzertabend freuen?
Michelle: Ich möchte, dass es Michelle pur bleibt. So kennt mich auch das Publikum. Ich werde versuchen, mit meiner Live-Band eine Geschichte zu erzählen, meine Geschichte, mit allen Höhen und Tiefen. Es ist eine Art musikalisches Theaterstück, das die vergangenen 25 Jahre begleitet. Mein großes Ziel ist es, dass die Leute nicht aus meinem Konzert gehen und sagen „Das war eine tolle Show!“, sondern sie sollen rausgehen und sagen „Genau das ist Michelle“.
Wie sieht eigentlich der typische Michelle-Fan aus? Heute hören viele junge Leute Schlager. Spüren Sie das bei Ihren Auftritten oder ist Ihr Publikum mit Ihnen mitgewachsen?
Michelle: Beides. Aber ich habe schon immer ein junges Publikum, viele Kinder, die nach dem Erfolg des Liedes „Kleine Prinzessin“ oft Michelle heißen. Es gibt aber eben auch die Fans, die mich von Anfang an begleiten. Es ist jede Altersklasse dabei, das sehe ich auch bei Konzerten. Und das ist schön.
Wenn Sie so viele junge Fans haben: Spiegelt sich das auch in Ihrer Musik, in Ihren Texten wider?
Michelle: Es ist wichtig, dass man sich musikalisch treu bleibt, das wollen auch die Fans hören. Ich glaube, es wäre ein Fehler, für junge Fans meine Texte jünger zu machen. Es ist doch eher so, dass die Menschen meine CD kaufen, weil ich bin, wie ich bin und weil ihnen die Musik gefällt. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass ich eine sehr junge Sprache habe.
Sie haben bereits mit 16 Jahren die „ZDF-Hitparade“ gewonnen. Damit sind Sie eigentlich ein alter Hase im Schlagergeschäft. Hat sich die Branche verändert?
Michelle: Der Schlager hat immer so Wellen. Mal ist er da, dann wieder weg, mal ist er stiller, dann ist er wieder lauter. Im Moment ist er brutal laut und das ist auch gut so. Natürlich verändert sich die Branche. Damals habe ich die „ZDF-Hitparade“ gewonnen, die es heute gar nicht mehr gibt. Man kann natürlich auch kritisieren, dass sich die Rundfunksender alle sehr viel weniger dem Schlager widmen, dafür mehr den Oldies. Woran das auch immer liegt. Witzigerweise ist die Nachfrage bei den Menschen so groß wie nie, aber im Rundfunk und Fernsehen passiert weniger denn je. Das passt irgendwie nicht zusammen. Allein zu den „Schlagerstarparaden“ kommen Tausende Menschen, und das sind fast alles nur junge Leute. Sie wollen die Musik hören und sie leben. Vielleicht ist einfach noch nicht das richtige Konzept gefunden.
Haben Sie eine Idee?
Michelle: Ich glaube, dass das Fernsehmachen heute wirklich schwierig ist. Die Zuschauer sind sehr verwöhnt. Man sieht ja, welche Sendungen erfolgreich sind, ob dass das „Dschungelcamp“ oder die Reality-Formate sind. Die Menschen werden zwar sehr privat gezeigt, aber ich finde das alles oberflächlich. Und dann ist es natürlich für einen Sender schwierig, mitzuhalten und ein Konzept zu finden, das die Zuschauer so neugierig macht, dass sie auch einschalten. Das heißt, man muss irgendwie eine Schlagzeile haben. Bisher drehen Fernsehen und Radio noch nicht richtig mit. Warum auch immer. Aber der Schlager boomt, das ist die Hauptsache. Die Menschen haben schon immer Schlager gehört, aber die meisten haben es nie zugegeben. Und jetzt sagen sie halt „Schlager ist cool“. Das ist schön.
Sie wollten bereits zwei Mal Ihre Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden. Nun sind Sie wieder da. Woher nehmen Sie die Kraft?
Michelle: Es ist ja nicht so, dass mir die Bühne die Kraft geraubt hat. Es waren andere Dinge, die damals eine Rolle gespielt haben. Aber niemals die Musik und die Auftritte. Im Gegenteil gibt mir das Kraft und erfüllt mich. Aber ich hatte Phasen in meinem Leben, in denen ich mich wieder mit beiden Beinen auf den Boden bringen musste, um dann den Menschen auch wieder 100 Prozent geben zu können.
Fühlen Sie sich jetzt körperlich fit für die Tour-Strapazen?
Michelle: Das sind keine Tour-Strapazen. Alles was passiert ist, ist nicht passiert, weil das Bühnenleben zu anstrengend war oder weil ich damit nicht zurechtgekommen bin, auf der Bühne zu stehen und zu singen. Das ist nicht anstrengend, auch wenn man sich mental auf eine Tournee vorbereiten muss. Man sollte gucken, dass man nicht gerade eine Erkältung kriegt oder so etwas. Aber ansonsten ist eine Tournee eine Erfüllung. Das macht einfach Spaß, zwei Stunden live mit Band auf der Bühne zu stehen. Das gibt ganz viel Energie und Kraft. Ich liebe es.
Die MZ verlost 3 × 2 Eintrittskarten für das Halle-Konzert sowie fünf Exemplare des Albums „Die Ultimative Best Of“. Schreiben Sie bis Freitag, 20 Uhr, eine E-Mail an [email protected].
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