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Schau im Albertinum Dresden Schau im Albertinum Dresden: Nicht nur Staatskunst: So malte der Osten

Von Andreas Montag 21.06.2018, 08:00
Zwei Klassiker der DDR-Malerei: „Am Strand“ (l.) von Walter Womacka und „Peter im Tierpark“ von Harald Hakenbeck
Zwei Klassiker der DDR-Malerei: „Am Strand“ (l.) von Walter Womacka und „Peter im Tierpark“ von Harald Hakenbeck Sebastian Kahnert/dpa

Dresden - Warum das Pferd nicht einmal vom Schwanz her aufzäumen? Das kann durchaus sinnvoll sein, wie die bemerkenswerte Ausstellung „Ostdeutsche Malerei und Skulptur 1949-1990“ im Albertinum Dresden beweist, die eben eröffnet worden ist und bis zum 7. Januar 2019 zu sehen sein wird. Die Schau setzt nämlich mit den Erwerbungen der frühen 1990er Jahre ein und führt dann chronologisch bis zu den Anfängen zurück.

Mit dem Begriff „ostdeutsche Kunst“ werden im Übrigen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Erstens vermeidet man damit, von der DDR zu sprechen - ein Wort, das automatisch Reflexe in Sachen sogenannter Staatskunst auslösen würde. Zudem ist nicht jeder der präsentierten Künstler in die Schublade DDR zu stecken - der gebürtige Dresdner A. R. Penck alias Ralf Richter zum Beispiel, der das Land früh verließ und vor einem Jahr in der Schweiz gestorben ist.

Früher fanden im Albertinum Dresden die Kunstausstellungen der DDR statt

Zweitens wollen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vielleicht nicht stärker als unvermeidlich an die Kunstausstellungen der DDR erinnern, die eben hier, im Albertinum, stattfanden. Gern besucht übrigens - und nicht allein von SED-Chef Erich Honecker und westdeutschen Sammlern, sondern auch vom Volk. Und manche Arbeiten, die seinerzeit dort nicht oder kaum zu sehen waren, von Eberhard Göschel oder Michael Morgner etwa, haben es inzwischen auch ins Albertinum geschafft. Die Zeit heilt zwar längst nicht alle Wunden, aber manchmal stellt sie immerhin späte Gerechtigkeit her.

Kunst der DDR - oder Kunst aus der DDR, wie man richtiger sagen muss - ist immer noch ein Aufreger, der von Dresden ausgehende, hoch emotional ausgetragene „Bilderstreit“ im vergangenen Jahr hat es einmal mehr gezeigt. Verstecken die ostdeutschen Museen die Ostkunst?, hieß die Frage. Und viele erinnern sich noch an die nicht nur provozierende, sondern auch denunzierende Ausstellung im Weimarer Kulturstadtjahr 1999, obendrein veranstaltet im unvollendeten Gauforum der Nationalsozialisten. In Dresden, wie zuletzt schon in Museum Barberini in Potsdam, kann man frei von ideologischem Ballast und mit nichts als unerlässlicher Neugier auf die vielgestaltige bildnerische Hinterlassenschaft des Ostens sehen. Wohltuend! Dabei erweist sich die kuratorische Entscheidung, mit den Ankäufen zu beginnen, die nach dem Mauerfall getätigt wurden, als Glücksgriff.

Im Albertinum Dresden zu sehen: Die Normalität des Vielfältigen

Denn so kommt man in der Normalität des Vielfältigen an, das zwar in der ostdeutschen Kunst beheimatet war, sich aber nur unvollständig in den öffentlichen Präsentationen und dementsprechend in der Erwerbungspolitik der Museen spiegelte. „Es gilt auch weiterhin, Lücken im Bestand ,Kunst in der DDR‘ zu schließen“, heißt es im Begleitheft der Dresdner Ausstellung.

Was ist zu sehen neben Bekanntem von Mattheuer, Rink, Sitte, Tübke oder Womacka? Neben Wiederbegegnungen mit dem Schulbuch-Klassiker „Peter im Tierpark“ von Harald Hakenbeck und einem der zauberhaften Bilder des Hallensers Albert Ebert? Wie gesagt: Ein früher Penck ist dabei. Und befindet sich ebenso wie Göschel, Morgner und Strawalde in einer Schau mit Willi Sitte. Warum auch nicht? Sie sind Zeitgenossen, wenn auch mit unterschiedlichen Sichten - politischen wie künstlerischen.

Das Schönste an dieser Ausstellung ist, dass sie Augenhöhe herstellt, ohne Meinungen aufzunötigen. Und das Überraschendste: Bilder von Theodor Rosenhauer. Werke von ihm wurden 1949 noch angekauft. Man staunt und freut sich. Wie es sein soll. (mz)

Albertinum Dresden, Tzschirnerplatz 2, bis zum 7. Januar 2019, täglich außer Mo 10-18 Uhr; Eintritt: 10, ermäßigt 7,50 Euro, bis 17 Jahre frei

Informationen im Internet: www.skd.museum

Jürgen Böttcher (Strawalde): Frauenkopf, 1954, erworben 2016, Schenkung
Jürgen Böttcher (Strawalde): Frauenkopf, 1954, erworben 2016, Schenkung
Andreas Montag
Theodor Rosenhauer: Kind auf gelbem Stuhl, 1948, für Dresden erworben 1949
Theodor Rosenhauer: Kind auf gelbem Stuhl, 1948, für Dresden erworben 1949
Andreas Montag