Oper Halle Sängerin Romelia Lichtenstein erhält Händel-Preis

Halle (Saale) - Manche Händel-Preisträger verstehen sich in Halle gleichsam von selbst. Romelia Lichtenstein gehört ohne Zweifel in diese Kategorie. Sie steht in einer Reihe mit Kolleginnen wie Emma Kirkby, Cecilia Bartoli, Magdalena Kozena oder dem Counter Philippe Jaroussky, deren Karrieren ebenfalls eng mit der Barock-Musik verbunden sind. Bei Romelia Lichtenstein ist das auch so. Aber nicht nur. Denn sie ist eine von jenen Interpreten, die, im eigentlichen Sinne einer ausschließlichen Spezialisierung, gar keine Barocksängerin ist, die das aber, bei allem was sie sonst noch macht, auch kann. Und zwar auf dem Niveau der Spitzenliga dieses Fachs. Und das schon seit vielen Jahren.
Ihre Alcina etwa kann sich mit der großer Kolleginnen wie Renée Fleming oder Anja Harteros durchaus messen. Aus Romelia Lichtensteins Kehle und dank ihres Bühnencharisma war diese Zauberin vor vier Jahren in Halle das Festspielereignis! Und es passte wie die Faust aufs Auge, dass sie nach der Premiere den Titel Kammersängerin verliehen bekam.
Das wunderbar glühende Timbre ihrer Stimme, die immer wieder unter Beweis gestellte Bühnenpräsenz, ihre bewundernswerte Kondition und Kraft, die technische Perfektion der Koloraturen und der Mühelosigkeit, mit der sie artikuliert und kein Piano unterschlägt, all das lässt Gefühle auf besondere Weise zu Klang werden.
Als sie etwa zur großen Geste bei der Alcina ausholte, zahlten sich ihre Ausflüge ins dramatische Belcanto (wie etwa ihre gefeierte Lucrezia Borgia) als zusätzlicher emotionaler Treibsatz aus, ohne dabei die Grenzen der barocken Noblesse zu durchbrechen.
Das Zurückgehen auf den Barockgesang, sagt die Sopranisten, die gerade als Despina in der neuen Bad Lauchstädter „Così fan tutte“ zu erleben ist, sei für sie immer eine Frage der Stimmhygiene. Man werde gezwungen, die Stimme immer wieder zu fokussieren, wenn sie vorher bei Verdi oder Puccini quasi auf Breitband geschaltet war.
Seit 1998 ist die in Sofia geborene, aber seit ihrer frühen Kindheit in Deutschland aufgewachsene und mit dem Schauspieler und Regisseur Jörg Lichtenstein verheiratete Sängerin festes Ensemblemitglied der hiesigen Oper. Davor war sie in Chemnitz und Leipzig engagiert, wo sie viele Mozart-Partien gesungen hat und in Peter Konwitschnys „La Bohème“ auch als Mimi zu erleben war. Auf die Frage nach ihren Lieblingsregisseuren fällt denn auch dessen Name. Gleich nach dem von Anthony Pilavachi. In dessen Tolomeo-Inszenierung war sie denn auch 1996 das erste Mal (noch als Gast) als Elisa in Halle zu erleben. Seither werden die Händel-Inszenierungen, in denen sie mitwirkt, allein schon dadurch zu Festspielhöhepunkten. Und für das heimische Publikum ein gewichtiger Grund, sich die Stücke nach den Festspielen auch im Repertoire noch einmal anzuschauen.
1998 übernahm sie die Romilda in der Wiederaufnahme des „Serse“, im gleichen Jahr auch die Cleofide in der neuen „Poro“-Produktion. 2001 war Lichtenstein dann die Florinda in „Rodrigo“. 2005 folgte die Titelpartie in der „Rodelinda“, 2006 die Alceste in „Admeto“ und 2011 Gismonda in „Ottone“. Mit der Zauberin Alcina machte sie dann 2012 Furore. Bei den diesjährigen Festspielen wird sie in der Wiederaufnahme von „Lucio Cornelia Silla“ erneut zu erleben sein. Allein diese zehn Händelpartien in Halle sind schon eine beachtliche Palette und preiswürdig genug.
Für ein Opernhaus wie Halle ist es ein Glücksfall, wenn eine Sängerin wie Romelia Lichtenstein die Nummer Eins ist. Eine, die sich obendrein als Ensemblespielerin begreift und nicht mit den Allüren einer Diva zu Werke geht. Wenn die aktuelle Produktion von „Adriana Lecouvreur“ auch auswärtiges Publikum nach Halle lockt, dann ist für viele Fans die Interpretation der mit „Tosca“ vergleichbaren Titelpartie dieser selten gespielten Oper durch Romelia Lichtenstein durchaus ein guter Grund.
Man kann sich hier von einer Künstlerin bezaubern lassen, die die wichtigen Mozart-Partien ihres Fachs ebenso drauf hat, wie die Norma von Bellini oder die Abigaile und etliche andere Verdi-Rollen. Die aber auch schon als Marschallin im „Rosenkavalier“ und auch als Rosalinde in der „Fledermaus“ des Wiener Operettenkönigs Johann Strauss überzeugte. Und immer wieder mit Händel.
Wie gesagt: Wer in Halle nicht zum Lichtenstein-Fan wird, der ist selber schuld.
Festkonzert mit Romelia Lichtenstein am 1. Juni um 20 Uhr in der Leopoldina. Dabei wird ihr der Händel-Preis der Stadt Halle verliehen. Händels „Lucio Cornelio Silla“ wird am 4. Juni um 19.30 Uhr in der Oper Halle aufgeführt. (mz)