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Samuel Hahnemann Samuel Hahnemann: Pioniergeist in Ampullen

Von Günter Kowa 08.04.2005, 16:32

Köthen/MZ. - Schließlich hat der Pionier der Lehre vom Heilen mit extrem verdünnten Wirkstoffen von 1821 bis 1835 in Köthen gewirkt. Noch spät im Leben (er war bei Ankunft 66 Jahre alt) wurde er dort zum gefragten Arzt und arbeitete an der Entwicklung seiner Heilkunde. Und am Freitag war Steuernagel aus London unterwegs nach Köthen, mit kostbarer Fracht im Kofferraum seines Autos, um den Ruhm der Stadt unter Anhängern der alternativen Medizin noch zu mehren.

Historische Arznei

Im Gepäck trug er persönliche Gegenstände aus dem vormaligen Besitz Hahnemanns: seinen Schreibtisch, seinen Ohrensessel, und vor allem seine tragbare Apothekenschatulle mit annähernd 500 Ampullen, von denen fast alle noch mit "Globuli" gefüllt sind, den heilträchtigen Zuckerkügelchen "potenzierter" Arznei.

Pünktlich zu Samuel Hahnemanns 250. Geburtstag kehren sie in dessen ehemaliges Wohnhaus ein, das ein Förderverein am Sonntag als Museum wiedereröffnet. Das Gebäude wird die Möbelstücke zwar nicht wiedererkennen, weil sie aus Hahnemanns letzter, der Pariser Lebensphase (1835-1843) stammen. Ein weiteres, anrührendes Möbel, sein Sterbebett gleichfalls aus Paris, bekommt einen Platz in der Homöopathie-Abteilung des Köthener Schlossmuseums.

Rätselhaftes Bett

So liegt die Aura von dreien dieser Stücke zwar nicht im Ortsbezug, wohl aber in den Spuren vom täglichen Umgang Hahnemanns mit ihnen. Der Schreibtisch stand in seiner Pariser Praxis. Sein Ohrensessel ist der Inbegriff zurückgezogenen Lesens und Ruhens. Die Sitzfläche und die breiten Armlehnen sind mit Leder bezogen, das brüchig und bröselig geworden ist. Das Bett aus hellem Holz ist, wie Steuernagel berichtet, in sechs Teile zerlegt, und laut Inventar vollständig. Die Museumsleute wird es aber vor ein Rätsel stellen: Die Seitenteile sind unterschiedlich lang.

Doch nichts wird Hahnemanns Adepten so sehr entzücken wie jenes Apothekenkästchen. Noch dazu, da es echten Köthen-Bezug hat. Im April 1835 wurde es dem Arzt geschenkt, drei Monate vor dessen liebestollem nächtlichen Aufbruch nach Paris. In der Kassette aus zierlich gearbeitetem Rosenholz ist Hahnemanns Name als Intarsie im Deckel eingelegt, und von den 500 Globuli-Röhrchen fehlen nur 42, und nur vier sind ohne Inhalt. "In jedem dieser Gläschen verbirgt sich eine endlose Menge an medizinischem Wissen", sagt Steuernagel. "Die Mittel sind alle heute noch in Gebrauch."

Geschenkte Erbstücke

Diese unverhofften Schätze verdankt Köthen einer großzügigen Leihgabe. Denn sie reisen mit dem Segen der Britischen Homöopathie-Gesellschaft nach Köthen, die sie im renommierten Londoner Königlichen Homöopathischen Krankenhaus aufbewahrte. Ein entfernter Nachfahre des Arztes hatte sie geerbt und vor Jahrzehnten der Londoner Hahnemann-Stiftung - Hahnemann House Trust - geschenkt.

Der Vorgang zeigt, dass die Stadt keine bloße Utopie verfolgt, wenn sie zu einem "homöopathischen Leistungszentrum" aufsteigen und außerdem zu einem Muster"exponat" von Sachsen-Anhalts "Internationaler Bauausstellung" (IBA) werden will. Das Ziel ist auch deshalb näher gerückt, weil die Stadt kürzlich das dem Hahnemann-Haus benachbarte Hospitalgebäude des Architekten Bandhauer ersteigert hat: Darin soll ein Zentrum der Homöopathie entstehen.

Sonntag 11.30 Uhr Festakt im Schloss, um 13 Uhr Eröffnung des Hahnemann-Hauses.