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Rocksänger Rocksänger: "Ehrlicher Arbeiter des Blues"

Von Andreas Montag 22.12.2014, 19:33
Joe Cocker beim Montreux Jazz Festival, 2013
Joe Cocker beim Montreux Jazz Festival, 2013 EPA/SANDRO CAMPARDO Lizenz

Halle (Saale) - Kaum ein anderer Star aus dem Musikgeschäft ist so wohlfeil mit Etiketten versehen worden wie er - und kaum einer ist anhand dieser Floskeln doch so präzise erkennbar: Der Mann mit der Reibeisenstimme, bei dessen Gesang man unweigerlich Gänsehaut bekommt. Die Rede ist von Joe Cocker, einem der ganz großen Helden aus dem Rebellen-Zirkus des Rock’n’Roll. In der Nacht zum Montag ist der britische Sänger gestorben - an Lungenkrebs, wie die Zeitung „Yorkshire Post“ berichtet. Er wurde 70 Jahre alt.

Bedenkt man, welch zerstörerischen Raubbau der Mann jahrelang mit seiner Gesundheit getrieben hat, ist es fast erstaunlich, dass ihm eine solch lange Lebenszeit vergönnt war. In den 70er Jahren hatte Cocker die Kontrolle über sich verloren, er konsumierte Alkohol und Drogen im Übermaß und galt eine Zeit lang als regelrechtes Sicherheitsrisiko für Konzertveranstalter. Der Mythos des bedröhnten Stars hat indessen den legendären Ruf des Sängers doch nicht auslöschen können.

Zu stark und unvergesslich war sein Auftritt beim verregneten Woodstock-Festival im Jahr 1969 gewesen. Dort hatte er seine Version des Beatles-Hits „With A Little Help From My Friends“ in den Himmel geröhrt. Und ist als Musiker unsterblich geworden damit. Dies ist zudem einer der nicht so häufigen Fälle, da der Originalsong hinter der Coverversion geradezu verblasst.

Cocker, der am 20. Mai 1944 in Sheffield in der britischen Grafschaft South Yorkshire geboren wurde, hatte zuletzt mit seiner Frau Pam Baker auf einer abgelegenen Ranch in Colorado gelebt und endlich wieder zu sich gefunden. Aber auch wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr so oft wie früher auf Konzertbühnen stand - abgeschrieben war er nicht. Im vergangenen Jahr gastierte er beim berühmten Jazzfestival in Montreux in der Schweiz. Die Einladung dorthin gilt als Ritterschlag für jeden Musiker - zumal, wenn er aus der Rock-Sparte kommt.

Der gelernte Gasinstallateur hat seine Karriere bereits mit 15 Jahren in kleinen Bands begonnen. Sein Kapital war die Stimme, die enorme Bühnenpräsenz kam noch hinzu. Cocker ist, aller Exzesse zum Trotz, über alle Zeit ein ehrlicher Arbeiter des Blues geblieben. Einer, dem man nach der Show gern die Hand geschüttelt hätte. Nun wird er uns fehlen. (mz)