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Robin Wright Robin Wright über House of Cards Kevin Spacey und Bezahlung in Hollywood

15.07.2017, 10:00
Robin Wright im Mai beim Filmfest in Cannes.
Robin Wright im Mai beim Filmfest in Cannes. getty/vittorio zunino celotto

Halle (Saale) - Wenn Robin Wright, 51, den Raum betritt, nimmt man instinktiv Haltung an. Sie kennt das. Weshalb sie die Situation rettet und etwas tut, das sie in vier Jahren und fünf Staffeln „House of Cards“ nie getan hat: Sie lacht herzlich.

Als eiskalte Politikergattin Claire Underwood, deren Machtbesessenheit nicht einmal vor dem eigenen Ehemann haltmacht, hat sie Fernsehgeschichte geschrieben.

Derzeit ist sie auch in der Comic-Verfilmung „Wonder Woman“ in den deutschen Kinos zu sehen. Ort des Gesprächs ist ein Hotel am Central Park in New York.

Mrs. Wright, was macht eine Charakterdarstellerin in „Wonder Woman“?

Robin Wright: Als mich die Regisseurin Patty Jenkins anrief und fragte, ob ich in „Wonder Woman“ die knallharte Amazonen-Kriegerin Antiope spielen wollte, habe ich sofort zugesagt (lacht). Nein, im Ernst: Ich weiß schon, es ist einer dieser Comic-Superhelden-Filme. Aber mir gefiel die Idee, dass diesmal eine junge Frau im Mittelpunkt steht. Der Film zeigt sehr deutlich, dass Frauen genauso mutig und stark sein können wie Männer. Dabei geht es sicherlich nicht nur um körperliche Stärke, sondern vor allem auch um mentale.

Ist die Zusammenarbeit mit einer Frau als Regisseurin sehr viel anders als die mit einem Mann?

Es fühlt sich immer anders an. Bei jedem Regisseur, ganz gleich, ob er männlich oder weiblich ist. Aber natürlich gibt es zwischen Frauen eine ganz besondere Verbindung. Wir artikulieren uns anders als Männer. Wir denken auch anders. Ich kann das nicht genauer beschreiben. Aber ich kann Ihnen ein Beispiel geben: Bei den Dreharbeiten auf der „Amazonen-Insel“ waren sehr viele Frauen zugegen. Da gab es sehr viel weibliche Energie, die es an einem männerdominierten Set normalerweise so nicht gibt. Es fühlte sich an, als wären wir alle in einem Girls-Camp. Das habe ich sehr genossen. Jetzt fällt mir doch noch ein ganz wesentlicher Unterschied ein: Es war viel entspannter, mit einer Frau über die Form und Größe der Brustschilder zu sprechen als mit einem Mann.

Trotzdem ist Ihre Amazonen-Rolle weit entfernt von den komplexen Frauenrollen, die Sie zum Beispiel in „Weißer Oleander“ oder „Pippa Lee“ gespielt haben. Warum werden solche Arthouse-Dramen in Hollywood kaum mehr gemacht?

In Hollywood gibt es schon seit Jahren die Devise: Entweder man macht einen Unter-Fünf-Millionen-Dollar-Budget-Film, der zumeist keinen Gewinn, aber auch keinen Verlust macht - oder eben diese Blockbuster, in die Hunderte Millionen investiert werden. Die mittlere Ebene existiert so gut wie gar nicht mehr. Was ich sehr schade finde.

Bekommen Sie für Ihre Rolle in „House of Cards“ jetzt die gleiche Gage wie Ihr männlicher Kollege Kevin Spacey - nämlich 500 000 Dollar pro Folge?

Lassen Sie mich folgendermaßen darauf antworten: In einem Arbeitsvertrag für Künstler gibt es viele Nuancen. Wenn ich als Schauspielerin für eine Hauptrolle bezahlt werde, dann will ich natürlich die gleich hohe Gage wie mein männlicher Kollege, der auch eine Hauptrolle spielt. Aber wenn der andere Schauspieler zusätzlich als Produzent fungiert und ich nicht, dann habe ich am Ende natürlich weniger.

Sie sprechen von Kevin Spacey, der bei „House of Cards“ auch als Produzent genannt ist. Aber das sind Sie ja auch in der fünften Staffel. Außerdem haben Sie bei den beiden letzten Episoden Regie geführt. Haben Sie als Regisseurin die gleiche Gage bekommen wie Ihre männlichen Kollegen?

Ja, das kann ich bestätigen. Für meine Regiearbeit bekam ich die gleiche Gage. Und die als Schauspielerin wurde auch erhöht. Aber ob Kevin und ich da auf demselben Level sind, wer weiß? Ich kenne seinen Vertrag nicht. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich neide niemandem seinen Gehaltsscheck. Und ich gönne Kevin jeden Cent seiner Gage. Darum geht es nicht. Ich will nur für die gleiche Arbeit fair bezahlt werden.

Haben Sie wegen Ihrer öffentlichen Kritik am Hollywood-Bezahlungssystem schon negative Auswirkungen zu spüren bekommen?

Das kann ich nicht behaupten. Ich habe meine Forderungen ja auch aus einer Position der Stärke heraus gemacht, als die Ratings für mich als Claire Underwood gezeigt haben, dass ich sogar populärer war als Kevin, also Frank Underwood. Aber man sollte das alles nicht so ernst nehmen, so etwas ändert sich schnell.

Stimmt es eigentlich, dass Sie das Angebot, Claire Underwood zu spielen, zunächst ausschlugen?

Ja, das stimmt.

Warum denn das?

Weil ich meine Karriere als Schauspielerin im Fernsehen angefangen habe und nicht wieder ins Fernsehen zurück wollte. Zum Glück habe ich es mir dann doch anders überlegt. Natürlich kann man das Fernsehprogramm der 80er Jahre nicht mit dem von heute vergleichen. Seit den „Sopranos“ hat sich da sehr viel zum Guten gewendet. Es scheint mittlerweile tatsächlich so zu sein, dass die wirklich innovativen und spannenden Geschichten eher im Fernsehen erzählt werden als im Kino.

Die Serie „House of Cards“ startete 2013 als politische Satire. Die fünfte Staffel geht weit darüber hinaus: Sie hat mittlerweile eine prophetische Qualität erreicht.

Ich kann Ihnen nur aus ganzem Herzen zustimmen. Wer hätte das gedacht? Vergessen Sie nicht, dass uns zu Beginn der ersten Staffel kaum einer eine zweite Staffel zutraute und sich alle ziemlich sicher waren, dass so ein Polit-Drama nicht wirklich funktionieren würde.

Manche Sprüche von Frank Underwood in der fünften Staffel klingen, als hätte Donald Trump getwittert.

Schrecklich, nicht? Es ist wirklich sehr unglücklich gelaufen! Ich meine nicht die Serie, sondern die Wahl des Präsidenten. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass uns Trump gerade alle guten Ideen und Pointen klaut. Letztlich kann ich darüber nur lachen. Zu Trump will ich mich eigentlich nicht mehr äußern. Er ist wirklich zu peinlich.

Sie sagten vorhin, dass Sie der Erfolg von „House of Cards“ überrascht hat. Wie erklären Sie sich ihn denn?

Gute Autoren. Tolle Crew. Man darf nicht vergessen, dass Kevin und ich unsere Figuren von Staffel zu Staffel weiterentwickelt haben - und zwar Learning by Doing. Da gab es keinen vorgezeichneten Weg, wie zum Beispiel bei der Verfilmung der „Harry Potter“-Bücher. Da wusste man ja von Anfang an, wo es langgeht. Wir wussten das nicht.

War es Ihre Idee, dass Sie Claire Underwood mit der Zeit als eine Frauenfigur etabliert haben, die den Männern sogar überlegen ist ...

.. das ist interessant, dass Sie das sagen. Ich finde das nämlich nicht. Allerdings hat sie die Mechanismen der Macht in einer von Männern dominierten Welt sehr genau erkannt und benutzt sie nun eben auch. Und zwar auf ihre Weise...

... und sie deckt auch die in unserer Gesellschaft weit verbreitete Doppelmoral auf, nach der Frauen und Männer immer noch bewertet werden.

Ganz genau. Wenn Männer sich als knallharte Manager gerieren, die über Leichen gehen, findet man sie cool. Wenn Frauen sich so verhalten, sind sie skrupellose Biester. Wenn Männer Sex-Affären haben, dann sind sie „echte Kerle“; wenn Frauen ein aktives Sexleben haben, bezeichnet man sie gern als Schlampen oder Huren. Ich hasse diese Doppelmoral. Aber so ist das eben. Immer noch. Das ist sehr unfair und verzerrt leider auch das Zusammenleben zwischen Mann und Frau.

„Ich bin eine Spätentwicklerin“, sagten Sie mal. Was meinten Sie damit?

Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich zwei war, was eine sehr schmerzliche Erfahrung war. Wir zogen oft um und ich musste mich immer auf neue Schulen einstellen. Ich war schüchtern und fühlte mich unsicher, tat mich schwer, mit neuen Mitschülern klarzukommen, Freunde zu finden. Ich bin also street-smart aufgewachsen. Das heißt, ich habe schon sehr jung die Fähigkeit entwickelt, sehr flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Ich kann mich auch heute noch auf neue Situationen sehr gut und sehr schnell einstellen. Dann war ich schon mit 14 als Model viel unterwegs. Ich lebte zeitweise in Paris und in Japan. Ich war immer sehr damit beschäftigt, einfach nicht unter die Räder zu kommen, und weniger damit, mich selbst zu finden. So bin ich dann auch ins Erwachsenenleben hineingeschlittert. Ich habe früh geheiratet, was zwei Jahre später mit einer Scheidung endete. Dann bekam ich jung - in meinen Zwanzigern und frühen Dreißigern - meine beiden Kinder. Und war auch wieder Ehefrau. Was ich damit sagen will, ist, dass man, wenn man sich für zwei kleine Menschen aufopfert und versucht, ihnen das Leben so schön wie möglich zu machen, nicht wirklich Zeit zur Selbsterkenntnis hat.

Gehen Sie mit Veränderungen heute leichter um als früher?

Man kann die vielen Veränderungen, die man im Leben erfährt - oder auch durchleiden muss - nicht miteinander vergleichen. Und viele Veränderungen sind ja auch wunderschön. Ich glaube fest daran, dass alles im Leben aus einem bestimmten Grund passiert. Ich glaube an das Schicksal. Und daran, dass alles letztlich einen Sinn hat.

Wann fühlen Sie sich denn am meisten bei sich selbst?

Wenn ich zu anderen Menschen gut bin. Ich bin eine sehr aufmerksame Zuhörerin und habe großes Verständnis für die Sorgen meiner Mitmenschen.

Das Interview führte Ulrich Lössl.

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