Regina Thoss Regina Thoss: Die "Milva des Ostens" wird 70

Berlin - DDR-Talenteschmied Heinz Quermann (1921-2003) konnte diese Stimme einfach nicht überhören: Als der Entdecker so vieler ostdeutscher Schlagersänger 1964 ins damalige Karl-Marx-Stadt reiste, hatte die 18 Jahre alte Regina Thoss ihre Mikrofonprobe beim Vorsingen für die Sendung „Herzklopfen kostenlos“ bereits absolviert. Doch als „Heinz, der Quermann“ die Aufnahme eines von Thoss gesungenen Chansons hörte, war er wie elektrisiert. Anders ist nicht erklärbar, warum er umgehend nach Zwickau fuhr, an der Wohnungstür von Familie Thoss klingelte und zur Mutter sagte: „Ich will ihre Tochter.“ Regina Thoss muss heute noch über diese Szene lachen.
Seit über 50 Jahren auf der Bühne
An diesem Sonntag hat „die Thoss“ - wie die Fans sie nennen - ihren 70. Geburtstag. Eine große Party gab es schon unlängst mit Freunden und Kollegen - aus Anlass eines anderen Jubiläums. Gut 50 Jahre zuvor hatte sie ihren Berufsausweis als Sängerin erhalten. „Da haben wir es richtig krachen lassen“, erzählt die Künstlerin. Ursprünglich habe sie den Geburtstag gar nicht opulent feiern wollen. Doch dann habe ein TV-Sender sie überredet, so nach dem Motto: „Regina, zweimal 35 wird man auch nur einmal.“ Jetzt ist Thoss froh, dass zur Feier in der Alten Börse von Berlin-Marzahn schon viele Kollegen zugesagt haben.
Eigentlich steht Regina Thoss länger als 50 Jahre auf der Bühne. Bereits im Alter von zwölf Jahren sang sie vor Tausenden Menschen auf der Großen Freilichtbühne in Zwickau Volkslieder. In der Schule nutzte sie Pausen zum Auftritt vor Mitschülern. Ihr Klassenlehrer sah die Begabung und förderte sie. Im Schulchor war Regina Thoss Erster Sopran und lernte dort auch klassisches Repertoire kennen. Während der Oberschulzeit erhielt sie Unterricht in Klavier und Gesang am Robert-Schumann-Konservatorium ihrer Heimatstadt. Schon damals stand der Sängerberuf für sie fest: „Meine Stimme war für mich wie eine Berufung. Ich wollte nichts anderes als singen.“
„Exportschlager“ der DDR
Von da an ging es Schlag auf Schlag. Mit dem noch druckfrischen Berufsausweis in der Tasche wurde Regina Thoss zum Internationalen Schlagerfestival der Ostseeländer nach Rostock delegiert. Sie gewann auf Anhieb mit dem Lied „Die erste Nacht am Meer“ von Gerhard Siebholz und Wolfgang Brandenstein. Der Sieg brachte ihr Einladungen in viele Länder ein. Durch Hochzeit, Ehe und die Geburt ihres Kindes folgte eine Auszeit. „Trotz einer schwierigen Lebensphase war die Geburt meines Sohnes der glücklichste Moment meines Lebens“, sagt Thoss. Im Rückblick empfindet sie die Pause sogar als Vorteil: „Wenn man so jung und unerfahren in der Branche ist, kann es passieren, dass man durch plötzlichen Erfolg leicht die Bodenhaftung verliert.“
1968 stand sie wieder fest mit beiden Beinen auf der Bühne und bekam im Studio für Unterhaltungskunst gemeinsam mit Nina Hagen Gesangs- und Schauspielunterricht. Die Gesangslehrerin Christiane Kluge wurde ihr eine enge Vertraute, bereitete Thoss auf viele Festivals vor: „Sie trainierte die richtige Gesangs- und Atemtechnik. Das ist das wichtigste, um lange Konzerte durchzustehen und die Stimmbänder nicht falsch zu belasten.“ Thoss räumte nun im In- und Ausland Preise ab. Nicht nur beim Song Contest International in Castlebar (Irland) wurde sie als beste Interpretin geehrt. Lieder wie „Die Liebe ist ein Haus“ oder „Rom-ta-rom“ avancierten zu Gassenhauern.
Stargast auf Kreuzfahrtschiffen
Als die Wende in der DDR kam, war Thoss schon lange als Stargast auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Diese Engagements und ihre Vielseitigkeit erleichterten den Übergang in die neue Zeit. Zwölf Jahre war sie mit ihrer Band „Evergreen Juniors“ durch mehr als 30 Länder getourt und hatte sich dabei ein breites Repertoire erarbeitet. Auf dem „Traumschiff“ und anderswo sang sie Schlager, Seemannslieder, Musical-Melodien, Folksongs oder Rock'n' Roll. Ein Hamburger Journalist hörte sie mit dem Lied „Zusammenleben“ von Mikis Theodorakis und gab ihr den Beinamen „Milva des Ostens“.
„Im Westen hat man natürlich nicht gerade auf die Ost-Kollegen gewartet. Bis zum Mauerfall waren wir Exoten und plötzlich waren wir die Konkurrenz“, meint die Sängerin und lacht. Sie ist dankbar dafür, ihren Beruf ohne große Unterbrechungen bis heute ausüben zu können: „Der Gesang gibt mir positive Energie. Er ist für mich auch immer ein Ventil gewesen. Menschen meine Gefühle zu zeigen und ihnen Freude zu bereiten, das alles gab mir Kraft in schwierigen Lebenssituationen. Gesang ist für mich ein Lebenselixier.“ Wenn es nach ihren Fans geht, soll das noch lange so bleiben. (dpa)