Prozesse Prozesse: «Esra» von Maxim Biller bleibt verboten
München/dpa. - Der stark autobiografisch gefärbte Liebesroman«Esra» des Schriftstellers Maxim Biller darf auch in einerentschärften Fassung nicht erscheinen. Das hat das LandgerichtMünchen I in einem am Mittwoch bekannt gegebenen Urteil verfügt. Auchdie neue Fassung, in der Passagen herausgenommen wurden, verletztnach Ansicht der 9. Zivilkammer die Persönlichkeitsrechte von BillersEx-Freundin und deren Mutter, weil die Frauen weiterhin als Figurendes Romans erkennbar blieben (Az.: 90 11360/03). Der unterlegeneKölner Verlag Kiepenheuer & Witsch sprach von einem Skandal undkündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. Zuerst müsse aber dieschriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden.
Die Frauen hatten bereits Einstweilige Verfügungen erwirkt undbekamen nun auch im Hauptsacheverfahren Recht. Kritiker sehen durchdie Entscheidungen der Justiz die Freiheit der Kunst tangiert. Sieverweisen darauf, dass in literarische Werke in unterschiedlicherForm immer auch prägende Erlebnisse der Autoren einflössen. DerAnwalt der Frauen hatte dagegen geltend gemacht, dass dieMenschenwürde über der Kunstfreiheit stehe. Er hatte vor einerliterarischen «Instrumentalisierung für persönliche Hass-Attacken»und vor «wirtschaftlichem Profitstreben aus derSchlüssellochperspektive» gewarnt.
Der Roman geht auf eine eineinhalbjährige Beziehung des Autorszurück. Dabei sei der Schriftsteller zu weit gegangen, hatte dieKammer bereits in ihrer Einstweiligen Verfügung gegen das Buch imAugust dieses Jahres moniert. Biller habe Familienverhältnisse undÖrtlichkeiten «eins zu eins übernommen, bis hin zur Siamkatze». DieRomanheldin ist Filmpreisträgerin wie Billers Ex-Geliebte, die Mutterwie in der Wirklichkeit Trägerin des alternativen Nobelpreises und indritter Ehe verheiratet.
Der durchschnittliche Leser könne die beiden Frauen nichterkennen, hatte dagegen Billers Anwalt im Eilverfahren im Augustargumentiert. Eine Entscheidung gegen Biller bringe jeden Autoren undjeden Verleger in eine prekäre Situation und schränke diekünstlerische Freiheit ein, warnte damals Geschäftsführer HelgeMalchow vom Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Biller, 1960 in Prag geboren, lebt seit 1970 in Deutschland. Vonihm sind unter anderem die Erzählbände «Land der Väter und Verräter»und «Harlem Holocaust» sowie der Roman «Die Tochter» erschienen.