Porträt Porträt: Bürgerschreck Fritz Teufel
Berlin/dpa. - Acht Jahre seines Lebens saß Fritz Teufel im Knast.Der legendäre Revoluzzer der 68er hat immer wieder durch spektakuläreAktionen gegen das «Establishment», aber auch durch allerleiSchabernack für Schlagzeilen gesorgt. Am Dienstag starb er mit 67Jahren in Berlin - nach jahrelangem Kampf gegen die Parkinson-Krankheit.
«Wir waren keine Krieger, wir waren eher Blues Brothers oderStadtindianer, kurz vor der Einweisung in ihre Reservate», sagteTeufel noch Anfang des Jahres dem Berliner «Tagesspiegel», bereitsstark von der Krankheit gezeichnet. Der gebürtige Schwabe, 1963 alsschüchterner Student nach Berlin gekommen, galt nicht als politischerKopf der Studenten- und Protestbewegung, sondern als Symbolfigur.
Geschichte schrieb sein Auftritt nach den Anti-Schah-Protesten voreinem Gericht in Moabit 1967, als er sich nach mehrfachen Ermahnungendes Richters provokant lässig mit dem Spruch von seinem Stuhl erhob:«Wenn's der Wahrheitsfindung dient». Seither blieb das Aufmuckengegen die Obrigkeit sein Markenzeichen.
Zusammen mit Dieter Kunzelmann und Rainer Langhans gehörte Teufelin den Zeiten der «Außerparlamentarischen Opposition» (APO) zu denGründungsmitgliedern der sogenannten Kommune I, der Mutter allerKommunen. Den ersten Zusammenstoß mit der Polizei gab es beim«Torten-Attentat» auf den damaligen US-Vizepräsidenten HubertHumphrey - zum weltweiten Gelächter entpuppten sich dieWurfgeschosse als Pudding- und Mehlbomben.
Erstmals kam Teufel wegen eines angeblichen Steinwurfs nach demTod des Studenten Benno Ohnesorg ins Gefängnis - unschuldig, wie sichspäter herausstellte. Zwei Jahre brachte ihm die ebenfallsumstrittene Beteiligung am Bau eines Brandsatzes ein, der in einemMünchner Gericht gefunden wurde.
Nach einen zwischenzeitlichen Untertauchen fand er sich 1975erneut auf der Anklagebank wieder: Als Mitglied der «Bewegung 2.Juni» sollte er an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden PeterLorenz mitgewirkt haben. Fünf Jahre verbrachte er inUntersuchungshaft - und legte erst dann ein lückenloses Alibi vor: Erhatte zur Tatzeit unter falschem Namen in einer EssenerKlodeckelfabrik gearbeitet.
«So konnte ich zeigen, wie ein Angeklagter für definitiv nichtbegangene Taten vorverurteilt wurde und wie das ganze Systemfunktioniert», sagte Teufel später. Doch danach war Schluss mit demProtest - er hatte das Gefühl, sein «Scherflein beigetragen zuhaben». Nur einmal noch sorgte der Politclown für einen zweifelhaftenScherz, als er in einer TV-Sendung den damaligen Finanzminister HansMatthöfer (SPD) aus einer Wasserpistole mit Zaubertinte bespritzte.
Die Leidenschaft seines bürgerlichen Lebens war das Fahrrad. 1980gründete Teufel den Radkurierdienst Moskito in Berlin und schlug sichfast zehn Jahre zweirädrig durch, bis ein Kollege mit dem Bargeld imKoffer abhaute. Bald machte ihm die fortschreitende Krankheit immermehr zu schaffen.
Teufel zog sich zurück, lebte still mit seiner Lebensgefährtin imBerliner Stadtteil Wedding und versuchte einmal sogar, sich «perSuizid aus dem Jammertal zu entfernen». Am Dienstag starb er 67-jährig in einer Pflegeeinrichtung. Der frühere Kampf sei vielleichtnicht falsch gewesen, sagte er im Interview. «Aber es waraussichtslos, das Abmurksen vietnamesischer Kinder beenden zu wollen,indem wir hier eine zweite Front eröffneten.»