1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Pipin Ferreras: Pipin Ferreras: Aufarbeitung einer Tragödie

EIL

Pipin Ferreras Pipin Ferreras: Aufarbeitung einer Tragödie

Von Oliver Hartmann 09.11.2004, 11:39
Die Französin Audrey Mestre Ferreras (l) und ihr Mann Pipin Ferreras (r) stellen am 18. Mai 2001 vor Ft. Lauderdale (Florida) mit einer Tauchtiefe von 103 Metern in zwei Minuten und 10 Sekunden einen neuen Tandem-Freitauchrekord auf. Pipin Ferreras nun erschienenes Buch «Tiefenrausch» ist eine Aufarbeitung der Tragödie, bei der Audrey am 12. Oktober 2002 bei dem Versuch, den von ihm gehaltenen Freitauch-Tiefenrekord zu brechen, um's Leben kam. (Foto: dpa)
Die Französin Audrey Mestre Ferreras (l) und ihr Mann Pipin Ferreras (r) stellen am 18. Mai 2001 vor Ft. Lauderdale (Florida) mit einer Tauchtiefe von 103 Metern in zwei Minuten und 10 Sekunden einen neuen Tandem-Freitauchrekord auf. Pipin Ferreras nun erschienenes Buch «Tiefenrausch» ist eine Aufarbeitung der Tragödie, bei der Audrey am 12. Oktober 2002 bei dem Versuch, den von ihm gehaltenen Freitauch-Tiefenrekord zu brechen, um's Leben kam. (Foto: dpa) AFP/epa

München/dpa. - Wer war schuld am Tod der Freitaucherin Audrey Mestre? Diese Frage kann (oder will) auch ihr Mann Pipin Ferrerasnicht beantworten, obwohl sich in seinem Werk «Tiefenrausch» fastalles um jenen verhängnisvollen 12. Oktober 2002 dreht. Beim Versuch,den von Ferreras gehaltenen Weltrekord zu brechen, tauchte die erst28-jährige Französin ohne Sauerstoff 171 Meter in die Tiefe - undstarb, weil der Hebeballon zu wenig Pressluft für denlebensnotwendigen schnellen Aufstieg enthielt.

Dass Ferreras - wie von einem Tauchfreund behauptet - absichtlichzu wenig Luft in den Ballon gefüllt und so seine Frau in den Todgeschickt hat, ist schwer zu glauben. Viel eher drängt sich derVerdacht auf, dass permanenter Leichtsinn in Verbindung mit der Suchtnach neuen Rekorden zwangsläufig irgendwann zu einer solchenKatastrophe führen musste. Bei all dem war der 42-jährige Ferreras,der als ein selbstverliebter Choleriker gilt und für seine Tauchcrewwahrscheinlich manchmal nur schwer zu ertragen war, stets dietreibende Kraft.

Er war besessen davon, immer neue Grenzen auszuloten. Er hattedie 14 Jahre jüngere Französin auch zu dem tödlichenRekordversuch überredet - in eine Tiefe, die er sich selbst zu diesemZeitpunkt nicht mehr zutraut.

Sein Buch ist eine emotionale Aufarbeitung der Tragödie, Ferrerasnennt es «eine Geschichte von Liebe und Obsession». Es ist einefesselnde Geschichte. Sie schildert eindrucksvoll die Welt desFreitauchens, die nur eines kennt: No Limits. Ferreras berichtetoffen über diese Sucht und auch über seine Fehler. Der in ärmlichenVerhältnissen aufgewachsene Kubaner hatte es über das Apnoetauchen zuGeld und Geltung gebracht, als er 1996 bei einem Weltrekordversuch inMexiko die Meeresbiologin Audrey Mestre kennenlernt. Erst durch ihnerlernt auch sie das Freitauchen - und ist bald schon besser als er.

Glaubt man Ferreras, so ist er nach dem Ableben seiner Frau nurnoch einmal in die Tiefe gestiegen. Am Jahrestag ihres Todes tauchteer bis auf 170 Meter hinab - ein Meter über Audrey Mestres Marke. Ertat dies nicht in aller Stille, sondern begleitet von Kameras undeinem Großaufgebot an Zuschauern. Da drängt sich der Verdacht auf,dass es Ferreras mehr um das Vermarkten als um einen Gedenktauchgangging. Schließlich soll die ganze Geschichte demnächst auch noch indie Kinos kommen.

Pipin Ferreras: Tiefenrausch, Blanvalet Verlag, München, 310 S., Euro 21,90, ISBN 3-7645-0190-1