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Philosophisches Quartett Philosophisches Quartett: Savannenläufer! Wo laufen sie hin?

Von Christian Eger 21.01.2002, 15:22
Rüdiger Safranski (l.) und Peter Sloterdijk
Rüdiger Safranski (l.) und Peter Sloterdijk ZDF

Halle/MZ. - PlötzlichApplaus! Tatsächlich, das Publikum applaudiert!Warum? Und warum bei Reinhold Messner? Undda: ein Lachen! Ist lachen erlaubt? Wenn ja,warum lacht das Volk nicht bereits 20 Minuten?

Das ZDF schickte erstmals das "PhilosophischeQuartett" unter deutsche Dächer und wer dastatt der Gähnhand ab und an die Augenliderhob, sah zwei mal zwei Männer, die sich aufzwei Sofas wie angetackert gegenüber saßen:Peter Sloterdijk, Philosoph; Rüdiger Safranski,Biograf; Reinhold Messner, Bergsteiger undFriedrich Schorlemmer, Protestant.

Es ging um "Angst" und ein jeder erzählte,was von einem jeden so zu erwarten ist. Messnergibt den edlen Wilden: "Ich nehme mir Raum!"Schorlemmer den protestantischen Sprosser:"Wir kommen durch!" Safranski moderiert dieSitzung wie Großtantchen ihren Patience-Zirkel:"Aber, aber, vergesst eines nicht!" Das Likörchen?Viertelstündlich schlägt Peter Sloterdijkseine ozeanblauen, Jahrtausende überschauendendenAugen auf: "Ja, der Homo sapiens, der starteteals Savannenläufer". Sagt's und kippt zurückins Sofa-Weiche, das Nest allegorischer Übertreibungenwohl wie jener, dass der Mensch von seinerUmwelt wie von einem "externen Uterus" geborgenwerden möchte.

Es war kein Vergnügen: Es war Talk, Talk,Talk. Die Runde hatte ein Thema, aber keinenStoff. Sie redete nicht miteinander, sondernaneinander entlang. Sie debattierte nicht,sondern bot ihre Lesefrüchte mit "Nee!" oder"Ja, aber!" an, und dann klang doch nur alleswie: "Einen, ja einen hab' ich noch!"

Angst ist ein haltlos werden, das möglichstan der je eigenen Erfahrung entlang erzähltwerden muss, um nicht versenkt zu werden.Aber kein Einhaken hier, kein "Glaub' ichnicht!" dort. Was eigentlich unterscheidetMessners Bergfluchten von Obsessionen wieSackhüpfen oder Burgen aus Streichhölzernbasteln? Allein die Tatsache, dass letzterekeine Ideologie drumherumbasteln? MessnersBergwandern ist messianischer Eskapismus pur,dem wir Merksätze verdanken wie: "Der Bergist nur da, er hat keine Angst". Schorlemmerwartete darauf, dass er leitartikelnah einpaar Zeitstichworte etablieren konnte: GeorgeW. Bush ("ein Siegfried"), Arbeitslosigkeit("Wenn ich mich hier so umschaue" - ja wo?),um an Ende doch sein wacker Lied von der "Zuversicht"einzufordern.

"Falsche Überausdehnung wird in der Regelhistorisch bezahlt", murmelt da Sloterdijkim Blick auf die Imperien des alten Rom unddes neuen Washington. Falsche Überausdehnungwird auch im Glashaus bezahlt. Das erste "PhilosophischeQuartett" im ZDF? Beim zweiten schläft manbesser.