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Paula Modersohn-Becker Paula Modersohn-Becker: Dresden findet Tochter

Von Andreas Montag 25.11.2003, 16:55

Dresden/MZ. - Die Ausstellung ist nicht groß, ein Raum im Oberlichtgeschoss des Albertinums reicht aus. Und doch stellt die Schau ein Ereignis dar - schon wegen der in Aussicht gestellten Schenkung von sechs der dort gezeigten Werke Paula Modersohn-Beckers.

Doch es steht noch mehr als die großzügige Zusage des hoch betagten Neffen der Künstlerin und dessen Frau in Rede: Hier macht sich eine Stadt daran, in gebotener Demut ein Erbe anzutreten, das sie über Jahrzehnte ignoriert hat - Dresden verneigt sich vor einer großen Tochter, die am 8. Februar 1876 als Minna Hermine Paula Becker in Dresden-Friedrichstadt geboren wurde. Dafür haben die Staatlichen Kunstsammlungen der sächsischen Landeshauptstadt, die mit ihren Kunstschätzen und ihrem wieder erstandenem Glanz in aller Welt auftrumpft, hohe Anerkennung verdient.

In der Tat wird das kurze, nur 31-jährige Leben der hoch begabten, wundervollen Malerin Paula Becker viel stärker mit Bremen und der Künstlerkolonie Worpswede verbunden, auch mit Paris. Im Alter von zwölf Jahren war Paulas Familie dem in Sachsen arbeitslos gewordenen Bahningenieur nach Norden gefolgt, schweren Herzens. Alle, namentlich Paula selbst, hat es stets nach Dresden zurück gezogen, wo sie Verwandte und Verwandtes wusste: "Das einzige, was ich mir an Reisen spendieren will, ist eine Woche Dresden", schrieb sie 1899 ihrer Tante Marie Hill. Ganz offenbar hat der Atem der Kunststadt Dresden eine tiefe, prägende Wirkung auf das Talent der Paula Becker gehabt - sicher nicht zu vergleichen mit den Wegweisungen (und Widersprüchen), wie sie aus den Worpsweder Jahren bezeugt sind, aber vielleicht als Ursprung der Sehnsucht nach künstlerischer Vervollkommnung: "In der Ferne glüht, leuchtet Paris".

Dies alles, von familiären Wurzeln bis zur Entdeckung Cézannes, ist penibel und liebevoll aufgezeichnet in dem Band "Von Dresden her", der die Ausstellung begleitet. Wulf Becker-Glauch, Paulas Neffe und Stifter der jetzt in Dresden gezeigten Bilder, hat den tietelgebenden Aufsatz beigesteuert.

Eine Chronik zu Leben und Werk der Künstlerin rundet den lesenswerten Band ab: "Ich bin Ich, und hoffe, es immer mehr zu werden", schrieb sie 1906 an Rainer Maria Rilke - ein Jahr, bevor sie starb.