Paul Kuhn Paul Kuhn: Ein Leben voller Hochs und Tiefs

Zürich/dpa. - Und obwohl der Entertainer und Jazzmusiker bis vor kurzemnoch mit einer heimtückischen Gürtelrose im Krankenhaus lag, starteter an diesem Freitag in Oberkochen in Baden-Württemberg seineGeburtstagstournee «Paul Kuhn 80 - As time goes by». An seinemEhrentag wird der Wahl-Schweizer, der mit seiner dritten Frau Ute inLenzerheide (Kanton Graubünden) lebt, dann mit seiner Allstar-Formation The Best und dem legendären Filmorchester Babelsberg inseiner Heimatstadt Wiesbaden auf der Bühne stehen.
Selbst im Krankenhaus konnte Kuhn nicht die Finger vom Klavierlassen. Im Essener Klinikum hatte er ein E-Piano im Zimmer undspielte stundenlang - zur Freude der Krankenschwestern. Obwohl dasBier auch in seinem zweiten großen Hit, dem Stimmungslied «Es gibtkein Bier auf Hawaii», eine Rolle spielte, will er bei derGeburtstagsfeier lieber mit Champagner oder Rotwein anstoßen, wie erim ARD-Morgenmagazin erzählte.
Auf seinen ersten Hit hatte Kuhn zunächst gar keine Lust. «Gebensie dem Mann am Klavier noch ein Bier» war ihm wohl etwas zu flach,sah er sich doch eher als Jazzer, der bis dato zumeist amerikanischeTexte zum Besten gegeben hatte. Doch gerade seine etwas genervteInterpretation schlug beim Publikum ein. Den Swing, den er sichheimlich während der Nazi-Zeit über ausländische Sender, etwabei Glenn Miller, abgehört hatte, entwickelte er weiter und brachteihn später selbst als Dirigent der Big Band des Senders Freies Berlin(SFB) in die eher biedere deutsche Fernsehunterhaltung ein.
«Paulchen», wie Kuhn schon als Junge genannt wurde, zeigte frühherausragendes musikalisches Talent. Als Achtjähriger trat er 1936mit dem Akkordeon bei der Berliner Funkausstellung auf. Dann nahm erKlavierunterricht, doch die Lehrerin hielt ihn eher für einen mäßigenPianisten. Ende der 30er Jahre ging Kuhn auf ein Frankfurter Internatmit musischem Schwerpunkt. Später studierte er am WiesbadenerKonservatorium. Seine Eltern wollten einen Konzertpianisten aus ihmmachen. «Das ist ihnen misslungen», sagt Paul Kuhn.
Nach dem «Mann am Klavier» ging es steil nach oben. Paul Kuhn wargefragt, nicht nur als Musiker: In seinen Shows wie «Hallo Paulchen»und «Pauls Party» zeigte er sein Unterhaltungstalent. 1968 übernahmer die Leitung der Big Band beim Sender Freies Berlin (SFB), mit derer international Erfolge feierte. 1971 erhielt Kuhn die GoldeneKamera, 1976 den Deutschen Schallplattenpreis. Der Rückschlag kam1980. Damals wurde sein SFB-Vertrag aus Kostengründen nichtverlängert, auch sein Plattenvertrag lief aus. Kuhn rappelte sichaber wieder auf. Mit einem kleineren Orchester spielte er unteranderem für Peter Alexander und Heinz Schenk.
1994 dann ein Tiefpunkt: Paul Kuhn wurde wegen Steuerhinterziehungverurteilt. Nun will der Entertainer mit dem «zerknautschten» Gesichtden Spieß umdrehen. Angesichts der aktuellen Steuerdiskussion hat erkürzlich via «Bild»-Zeitung angekündigt, die Bundesrepublik aufmehrere Millionen Euro zu verklagen. Sein Steuerprozess solle wiederaufgerollt werden. «Nicht wir haben das Finanzamt betrogen, sonderndas Finanzamt Bergisch Gladbach hat uns betrogen. 2,5 Millionen(Mark) wollten die haben. Das kann ein einzelner Mensch mit einbisschen Singen und Schreiben gar nicht verdienen», sagte er.
Ein bisschen mehr Singen und Schreiben war es wohl doch, denn Kuhnarbeitete auch als Arrangeur und war unter anderem Komponist desMusicals «Fanny Hill», das 1972 uraufgeführt wurde. Anfang 2000kehrte er dann zum Jazz zurück. Er trat mit einem Trio auf einerJazz-Kreuzfahrt auf und war mit der SWR Big Band beim ZDF-«Fernsehgarten» zu sehen. Bei der Trauerfeier für Harald Juhnke am9. April 2005 spielte Kuhn seinem Freund noch einmal dessenLieblingslied - Frank Sinatras «My Way».
Im selben Jahr musste sich Kuhn einer schweren Herzoperationunterziehen, er bekam drei Bypässe und eine neue Herzklappe. SeinZiel, so schnell wie möglich wieder hinter dem Klavier zu sitzen,half ihm auf die Beine. Und seitdem tingelt er mit den Swing-LegendenMax Greger (81) und Hugo Strasser (85). Vieles von dem, was er frühermachte, habe mit Jazz «herzlich wenig» zu tun gehabt, sagte Kuhn.«Erst heute spiele ich das, was ich eigentlich möchte.»