1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Sonderausstellung : Panorama Museum Bad Frankenhausen würdigt Werner Tübke

Sonderausstellung  Panorama Museum Bad Frankenhausen würdigt Werner Tübke

Von Andreas Montag 29.07.2019, 10:00
Werner Tübke: „5. Bauernmarkt in Samarkand“ - das märchenhaft und allegorisch anmutende Bild entstand 1963, also nach der Rückkehr des Malers von seiner großen, einjährigen Reise in die Sowjetunion, die ihn auch in die mittelasiatischen Republiken geführt hatte. (Ausschnitt)
Werner Tübke: „5. Bauernmarkt in Samarkand“ - das märchenhaft und allegorisch anmutende Bild entstand 1963, also nach der Rückkehr des Malers von seiner großen, einjährigen Reise in die Sowjetunion, die ihn auch in die mittelasiatischen Republiken geführt hatte. (Ausschnitt) Panorama Museum/Gerhard Murza

Bad Frankenhausen - „Es genügt nicht die einfache Wahrheit“, hat der ostdeutsche Schriftsteller Volker Braun notiert. Ein Satz, der es aushält, selbst bezweifelt zu werden, aber von großer Gültigkeit ist - zumal für jene, die aus den Wirrnissen des 20. Jahrhunderts herkommen. Wie Braun. Und wie der aus Schönebeck an der Elbe stammende DDR-Malerfürst Werner Tübke.

Vor 15 Jahren ist er in seiner Heimatstadt Leipzig gestorben, an diesem Dienstag wäre er 90 Jahre alt geworden. Im Panorama Museum Bad Frankenhausen, auf dem Schlachtberg, hat man Tübke jetzt die Sonderausstellung „Unter fremden Menschen. Werner Tübke - Von Petersburg bis Samarkand“ gewidmet, die sein Hauptwerk, das monumentale Panorama-Gemälde zur Frühbürgerlichen Revolution in Deutschland, flankiert.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass das kathedralenartige Gebäude, im Volksmund respektlos „Elefantenklo“ genannt, samt dem malerischen Inhalt seiner Kuppel, das zu beherbergen es errichtet worden war, am Anfang vom Ende der DDR eröffnet wurde - am 14. September 1989.

Inzwischen haben drei Millionen Menschen das Museum besucht. Bereits 1987 hatte Tübke den letzten Strich an dem Gemälde gesetzt, das speziell dem Deutschen Bauernkrieg gewidmet sein sollte, sich aber gedanklich „auswuchs“ zur einer umfassenden, skeptischen Geschichtsbilanz.

Tübke, der sich den Stil der Renaissance anverwandelt hatte und deshalb oft des Manierismus geziehen wurde, hat wohl auch Distanz zu eigenen, grausamen Erfahrungen gesucht. Ende 1945, als 16-Jähriger, verhaftete ihn die sowjetische Geheimpolizei willkürlich, weil er einen Offizier der Roten Armee erschossen haben sollte. Erst später hat Tübke von der monatelangen Haft, von Hunger, Schlägen und Folter berichtet. „Die Eltern wussten nicht, wo ich war“, schließt sein Bericht.

Naheliegend, dass Tübke im März 1961 nicht ganz unbefangen auf die einjährige Reise durch das Sowjetreich ging, die ihm halb als Ritterschlag, halb zur Bewährung angetragen worden war. Den Mauerbau hat er damit verpasst, aber eine märchenhaft anmutende Welt entdeckt. Der künstlerische Ertrag ist enorm: Bilder von beeindruckender Kunstfertigkeit, die sowohl großes Staunen als auch viel Empathie verraten.

Tübke, in den 50er Jahren in Konflikt mit der SED-Kunstdoktrin geraten, hat es auch danach nicht leicht gehabt. In den 60ern sollte er sein Lehramt an der Leipziger Kunsthochschule verlieren, Studentenprotest verhinderte das. Erstaunlich, aber wahr.

Wahr ist auch (und in der Ausstellung belegt), dass Tübke 1968 den Auftrag für ein Bild zum Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) übernahm, einer Einheit deutscher Emigranten, die von sowjetischer Seite aus Soldaten der Wehmacht zum Überlaufen ermuntern sollten. Auf drängendes Betreiben des SED-Kulturfunktionärs und Stalinisten Alfred Kurella rückte der Maler Walter Ulbricht ins Zentrum des Gemäldes. Der aber wurde entmachtet, kaum, dass das Bild fertig war - auch dies ist eine Ironie der Geschichte.

„Unter fremden Menschen. Werner Tübke - Von Petersburg bis Samarkand“, Panorama Museum Bad Frankenhausen, Am Schlachtberg 9, bis zum 3. Nov., Di-So 10-17, Juli/August auch Mo 13-17 Uhr; Eintritt: 8, erm. 7, Kinder (6-16) 3 Euro; Katalog 45 Euro

(mz)

Werner Tübke: „Bildnis Swerdlow“, gemalt 1978.
Werner Tübke: „Bildnis Swerdlow“, gemalt 1978.
Panorama Museum, Roland Dressler
Werner Tübkes „Bildnis einer Tatarin“ (Ausschnitt) entstand 1961 in der Sowjetunion.
Werner Tübkes „Bildnis einer Tatarin“ (Ausschnitt) entstand 1961 in der Sowjetunion.
Tobias Tanzyna
Werner Tübkes „Unter fremden Menschen“ entstand im Jahr 1977 und hat der aktuellen Sonderausstellung in Bad Frankenhausen den Titel gegeben.
Werner Tübkes „Unter fremden Menschen“ entstand im Jahr 1977 und hat der aktuellen Sonderausstellung in Bad Frankenhausen den Titel gegeben.
Panorama Museum, Jörg Haustein