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«Paloma» - Friederike Mayröcker schaut zurück

Von Andreas Heimann 29.04.2008, 14:52

Frankfurt/Main/dpa. - «Paloma» ist ein sehr persönliches Buch. Das legt schon die Form nahe. Friederike Mayröcker hat 99 fiktive Briefe geschrieben, die jeweils mit «lieber Freund» beginnen. Alle sind datiert und stammen aus der Zeit von Mai 2006 bis April 2007.

Die inzwischen 83-jährige Autorin blickt darin oft zurück in die Vergangenheit. Erinnerungen an die eigene Kindheit tauchen immer wieder auf, an Erlebnisse mit den Eltern, aber auch an Freunde und Bekannte und vor allem an den im Jahr 2000 gestorbenen Partner im Leben wie im Schreiben Ernst Jandl. Auch wenn sein Name nirgendwo genannt wird, ist er in vielen Briefen präsent.

«Paloma» ist trotz der Briefform fast ein Tagebuch. Alltagsbeobachtungen wechseln sich mit Überlegungen zur Literatur ab. Notizen zum Fernsehprogramm, zu Telefongesprächen, zu Träumen, zur eigenen Lektüre von Petrarca-Gedichten oder zur Musik von Bach bis Bob Dylan, stehen neben Überlegungen zu Alter und Krankheit.

Im Blick auf die Sprache ist «Paloma» mehr Poesie als Prosa. Auch das macht das Buch so ungewöhnlich und lesenswert. Die Sätze brauchen oft einen ganzen Absatz. Einmal besteht ein kompletter Brief aus nur einem Satz, so als wollte Friederike Mayröcker dem Text ganz freien Lauf lassen. Als «magisches Wortgewucher» hat Iris Radisch Mayröckers literarisches Werk einmal charakterisiert. Das passt auch auf ihr neuestes Buch, das die Wiener Autorin der Hamburger Kritikerin gewidmet hat.

Friederike Mayröcker

Paloma

Suhrkamp, Frankfurt/Main

198 S., 16,80 Euro

ISBN 978-3-518-41956-4