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Pablo Picasso Pablo Picasso: "Sylvette"-Serie erstmals ausgestellt

20.02.2014, 15:37
Die Ausstellung mit der Serie von Porträts widmet sich auch dem Thema Maler und Modell.
Die Ausstellung mit der Serie von Porträts widmet sich auch dem Thema Maler und Modell. afp Lizenz

Bremen - Sylvette David kann sich gar nicht satt sehen. „Was für eine Ausstellung, darauf habe ich mich ein Leben lang gefreut“, schwärmt die heute 79-Jährige am Donnerstag bei einem Rundgang durch die Bremer Kunsthalle. Gerade mal 19 Jahre alt inspirierte die hochgewachsene Französin mit ihrem unverkennbaren Pferdeschwanz im Frühsommer 1954 den alternden Pablo Picasso zu einer Porträtreihe mit knapp 60 Arbeiten. Von Samstag an ist der Großteil davon in Bremen zu sehen. Das wollte das Modell von damals mit eigenen Augen sehen - und schwelgt nun in Erinnerungen.

Lebendig, als ob es gestern gewesen wäre, erzählt sie von ihrer Begegnung mit dem Meister der modernen Malerei. Sie sei damals schüchtern gewesen: „Er war für mich eine Vaterfigur, er schenkte mir Vertrauen und Liebe“, sagt die Frau mit dem charmanten Lächeln, das erahnen lässt, was den damals schon 73-jährigen Picasso an ihr so fasziniert hat. Unter dem Titel „Sylvette, Sylvette, Sylvette. Picasso und das Modell“ sind in Bremen 30 Gemälde, Zeichnungen, Metallskulpturen und Keramiken aus der Serie zu sehen. Kunsthallen-Direktor Christoph Grunenberg hat sie erstmals in einer Ausstellung vereint.

Thema Maler und Muse

Die Sylvette-Porträts ergänzen Werke, die das Thema Maler und Muse illustrieren, insgesamt rund 220 Arbeiten. Darunter sind mehr als 140 Werke von Picasso. Oft sind es Leihgaben aus Museen und von privaten Sammlern, die Grunenberg und sein Team auf der ganzen Welt in detektivischer Kleinarbeit aufspüren mussten. „Viele werden erstmals in der Öffentlichkeit gezeigt“, sagt der Kunsthistoriker, für den ähnlich wie für Sylvette David mit der Ausstellung nach zweijähriger Vorbereitung ein Herzenswunsch in Erfüllung geht.

Picasso inszenierte Sylvette, die heute als Künstlerin unter dem Namen Lydia Corbett in England lebt, als Kindfrau: natürlich-unschuldig, aber auch verführerisch. Die Reihe setzte Maßstäbe, das Mädchen mit den Sommersprossen und den leuchtenden Augen wurde zum Schönheitsideal und zur Stilikone ihrer Zeit. Die Monate mit Picasso seien „die aufregendsten Tage meines Lebens“ gewesen, meint Sylvette David. „Ich träumte gerne vor mich hin, und ich denke, dass Picasso meine Unschuld und Ernsthaftigkeit gefiel.“

Ablehnende Kritiken

Picasso traf Sylvette im Künstlerdorf Vallauris an der Côte d'Azur an einem privaten und künstlerischen Wendepunkt. Seine Beziehung zur Malerin Françoise Gilot, mit der er zwei Kinder hatte, war gerade gescheitert. In dieser Zeit traf er auch Jacqueline Roque, die ihn dann bis an sein Lebensende begleitete. Die Bremer Ausstellung zeigt neben der Sylvette-Reihe folgerichtig auch eine Auswahl von Porträts, die sich auf Gilot und auf Roque beziehen. Das Begehren, das Altern und natürlich Picassos unerschöpfliche Kreativität schwingen dabei mit.

So wurde der Zyklus laut Grunenberg zu einem Inbegriff der modernen Kunst, obwohl er bei Kritikern der damaligen Zeit nicht nur auf Beifall stieß. Sie warfen Picasso mal modische Attitüden, mal eine „gewisse Coolness“, mal kitschige und sentimentale Arbeit vor. Aber in der Vielfalt der Sylvette-Serie, die von realistischen bis zu abstrakt-kubistischen Darstellungen reiche, habe der Künstler letztlich demonstriert, „dass er alles kann“, bilanziert Grunenberg.

Bereits 1955 erwarb die Bremer Kunsthalle ein zentrales Bild aus der Werkgruppe, um das sich nun die gesamte Ausstellung gruppiert. Ergänzend spiegeln Fotos von der Begegnung zwischen Muse und Maler den Zeitgeist, die Mode und das glamouröse Leben an der französischen Mittelmeerküste der 1950er Jahre wider. „Ich genieße diese Ausstellung“, sagt Sylvette David und ergänzt sichtlich bewegt: „Vielen Dank für die Einladung nach Bremen, Gott segne sie.“ (epd)

Sylvette David lebt heute als Künstlerin unter dem Namen Lydia Corbett in England.
Sylvette David lebt heute als Künstlerin unter dem Namen Lydia Corbett in England.
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Bis zum 22. Juni zeigt die Bremer Kunsthalle die Ausstellung „Sylvette, Sylvette, Sylvette. Picasso und das Modell“
Bis zum 22. Juni zeigt die Bremer Kunsthalle die Ausstellung „Sylvette, Sylvette, Sylvette. Picasso und das Modell“
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