Oscar-Verleihung 2007 Oscar-Verleihung 2007: Martin Scorsese gilt als Regie-Favorit

Hollywood/dpa. - Doch der 64-jährige Scorsese, der mit dem blutig-brillanten Mafia-Thriller «Departed - Unter Feinden» ins Rennen geht, könnte in diesem Jahr entspannter über den Roten Teppich laufen. «Es ist überhaupt keine Frage, wer diesmal gewinnen wird», zitierte das Filmblatt «Hollywood Reporter» unlängst ein Mitglied der Oscar-Akademie. «Dies ist Scorseses Jahr», verlautet es ausHollywood.
Mit «Departed» servierte der kleine «Marty» erneut spannendeUnterhaltung aus dem Mafia-Milieu mit einer Starbesetzung, darunterJack Nicholson, Leonardo DiCaprio und Matt Damon. Doch Regie-Preisehatte der schmächtige New Yorker mit der dicken Hornbrille offenbarnicht im Visier. «Für mich war dieser Streifen ein Genre-Film», sagteScorsese Anfang Februar bei der Preis-Gala des Verbands derFilmregisseure (DGA). «Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, hierstehen zu dürfen», sagte der bescheidene Sieger, der im siebentenAnlauf erstmals von seinen Hollywood-Kollegen zum besten Filmemacherdes Jahres gekürt worden war. Damit ist er einem Oscar-Sieg eingroßes Stück näher gerückt, denn seit 1949 ist es nur sechsDGA-Gewinnern nicht geglückt, im gleichen Jahr auch den Oscar für diebeste Regiearbeit zu holen.
Seit vier Jahrzehnten zählt der 1,63 Meter kleine Italo-Amerikanerzu den «Größten» in Hollywood. Er wurde 1942 als Sohn sizilianischerArbeiter geboren und wuchs im New Yorker Italienerviertel «LittleItaly» auf. Er litt an Asthma, und schon als kränkelnder Jungeentdeckte er seine Liebe zum Film. Nach zwei Jahren in einemPriesterseminar entschied er sich für ein Studium derFilmwissenschaften und jobbte nebenher als Cutter und Regieassistent.Mit Steven Spielberg, Francis Ford Coppola und George Lucas baute erin den 70er Jahren das «New Hollywood» auf.
«Hexenkessel», eine Milieustudie über das harte Leben in denStraßen von New York, brachte Scorsese 1973 das Lob der Kritiker. Zudiesem Zeitpunkt begann auch die enge Zusammenarbeit mit demSchauspieler Robert De Niro, mit dem er 1976 «Taxi Driver» drehte.Das geniale Porträt eines verbitterten Vietnamkämpfers brachteScorsese die «Goldene Palme» in Cannes ein. «Taxi Driver» erhieltauch vier Oscar-Nominierungen, darunter als bester Film, verlor abergegen Sylvester Stallones «Rocky», eine Entscheidung die Scorsese-Fans der Oscar-Akademie nie verziehen haben.
Mit dem Box-Drama «Wie ein wilder Stier» holte sich Scorsese 1980die erste von nunmehr sechs Oscar-Nominierungen als bester Regisseur,gefolgt von «Die letzte Versuchung Christi», «Good Fellas», «Gangs ofNew York», «Aviator» und jetzt «Departed - Unter Feinden». Die letzteBruchlandung erlebte Scorsese vor zwei Jahren mit «Aviator», über denFlug- und Filmpionier Howard Hughes, als ihm Clint Eastwood mit«Million Dollar Baby» den Regie-Oscar wegschnappte.
«Departed - Unter Feinden» tritt mit fünf Nominierungen an,darunter auch in der Königskategorie bester Film. Um den Regie-Preiskonkurrieren mit Scorsese die Briten Stephen Frears («The Queen») undPaul Greengrass («United 93»), der Mexikaner Alejandro GonzalezIñárritu («Babel») und Clint Eastwood («Letters from Iwo Jima»).Sollte Scorsese zum sechsten Mal leer ausgehen, dann würde er alsmeist nominierter glückloser Regisseur einen Oscar-Rekord aufstellen.Stolz hielt er vor wenigen Wochen nach der DGA-Gala seine Regie-Trophäe hoch, ohne jedoch abzuheben, als er nach seinen Siegeschancenbei den Oscars gefragt wurde. «Keine Ahnung», sagte Scorsese, «aberes einfach schon gut, nominiert zu sein, besonders für diesen Film.»