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Opernhaus Halle Opernhaus Halle: In Oberons Theaterwald

Von Andreas Hillger 06.05.2005, 18:01

Halle/MZ. - Man sieht den Wald vor lauter Säulen nicht: Schwarz ragen die Stelen in den Himmel, nur aus ihrer Mitte schneidet quecksilbriges Licht die verzweigten Silhouetten. Auch weißer Berg und grüner Hügel wollen unter dem wechselnden Mond nicht mit der Natur konkurrieren. Hier wächst ein Kunst-Raum auf dem Humus der Musik.

Bäumchen wechsle dich

So hat es Benjamin Britten wohl gewollt, so hat es Axel Köhler jetzt am Opernhaus Halle inszeniert: Der "Sommernachtstraum" als vorwiegend heitere Verwirrung der Stile und Gefühle im musikgeschichtlichen Biotop. Dass man sich an Hannes Neumaiers Bühnenbild freilich bald satt gesehen hat und - mit der ungnädigen Hippolyta - später vergeblich auf Wandel wartet, bleibt eine Crux der in Kooperation mit der Bayerischen Theaterakademie "August Everding" entstandenen Inszenierung. Denn trotz fliegender Elfen und affektierter Lichtfarben ermüdet das mechanische Bäumchen-wechsle-Dich - was wohl auch daran liegt, dass der Regisseur eine Hauptrolle spielt.

Dieser Oberon ist ohnehin ein skrupelloser Theatermacher, der junge Menschen zu Paaren treibt und die Gattin zu animalischem Sex ermuntert. Bei Tausendsassa Köhler erscheint der Elfenfürst als Modezar mit weißer Strähne im schwarzen Haar, der das Geschehen mit hohem Ton dominiert. Sein Chef-Maschinist Puck wird von Berd Bunk mit artistischer Kraft und Sprachgespür begabt - eine Idealbesetzung wie Andrea Stadel, die Titania als sternflammende Königin mit glockenhellem Sopran und jugendlicher Erotik ausstattet. Dieser Elfenwelt stehen vier junge Menschen gegenüber, bei denen vor allem Melanie Hirsch (Hermia) und Anke Berndt (Helena) differenzierte Charaktere zeichnen - wobei ihnen der abgerundete und zugespitzte Klang ihrer Stimmen zugute kommen. Michael Smallwood (Lysander) und Michael Nelle (Demetrius) hingegen wirken zwar souverän, aber nicht nur wegen der Trainings-Anzüge uniform.

Himmelfahrtskommando

Die Handwerker schließlich erscheinen - vor allem bei der Herrentags-Premiere - wie ein komisches Himmelfahrtskommando. Und dieses Sextett, aus dem Gerd Vogel als Zettel zwangsläufig herausragt, macht zugleich Brittens Intention deutlich. Denn so, wie Shakespeares "Sommernachtstraum" auch eine Hommage an die Schönheit des Sprechtheaters war, ist seine Oper eine Phantasie über die Kunst des Musizierens.

Dass ihm dies sogar wichtiger war als eine originelle Umdeutung der bekannten Vorlage, zeigt nicht allein sein ebenso eklektischer wie heimtückischer Zitaten-Schatz, der bei Pavel Baleff und dem Opernhausorchester in guten Händen ist. So, wie Zettel im Original das epische Theater erfindet, entdeckt er hier mit Eselsohren das absolute Gehör. Und schließlich wird naive Poesie, die Shakespeare von arroganten Hochzeitsgästen meucheln lässt, auch bei ihm erstickt - wobei mit Mária Petrasovskás Hippolyta und Ulrich Studers Theseus nach viel Spiellust noch einmal der alte Opernbetrieb sein Haupt hebt. Viel Applaus und ein einsames Buh.

Nächste Vorstellungen: 13. und 20. Mai, jeweils 19.30 Uhr