1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Okkervil River: Wie befreit nach der Krise

Okkervil River: Wie befreit nach der Krise

19.09.2016, 12:20
Es läuft wieder bei Okkervil River. Foto: ATO/[PIAS]
Es läuft wieder bei Okkervil River. Foto: ATO/[PIAS] dpa

Berlin - Fans von Okkervil River wurden in den vergangenen fünf, sechs Jahren nicht gerade verwöhnt: Wenig neues Material, und das ließ auch noch auf eine Formkrise dieser tollen Indiepop-Band schließen. Wenn dann eine neue Platte „Away” heißt...

...erwartet man eher eine Fortsetzung des Abwärtstrends als einen Befreiungsschlag zum Guten. Doch genau der ist dem großen Songwriter und sensiblen Sänger Will Sheff nun gelungen. Dieses Album - das auch noch mit dem Song „Okkervil River Rest In Peace” einigermaßen alarmierend losgeht - ist das stärkste der stets um Sheff rotierenden Truppe seit ihrem formidablen Doppelschlag „The Stage Names” (2007) und „The Stand Ins” (2008).

Vielleicht war es ja sogar hilfreich, dass dem Frontmann nach dem mittelmäßigen ATO-Debüt „The Silver Gymnasium” (2013) die Leute wegliefen, so dass er eine neue Band-Besetzung finden musste. „Ich suchte die besten New Yorker Musiker aus, die ich mir denken konnte, Musiker, deren Fan ich war, die alle von einem Jazz- oder Avantgarde-Hintergrund herkamen”, erzählt Sheff über die Entstehungsgeschichte von „Away”.

Wie befreit klingen die bei Okkervil River immer schon prachtvoll orchestralen Indiepop-Melodien, der Sänger barmt mit seiner stets etwas weinerlichen Stimme ganz herzzerreißend, die Arrangements mit jeder Menge Bläser und Streicher pendeln zwischen Springsteen-esker Grandezza („The Industry”) und einer womöglich bei Leonard Cohen abgeschauten Feierlichkeit („Comes Indiana Through The Smoke”).

Dass „Away” nach einer künstlerischen und persönlichen Krise des Will Sheff entstand, hat der Platte jedenfalls nicht geschadet, sondern sie eher noch kraftvoller und berührender gemacht. Okkervil River sind - egal in welcher gerade aktuellen Besetzung - also keineswegs „weg”, wie der Albumtitel suggeriert, sondern weiterhin eine feste Größe in der US-amerikanischen Indie-Szene.

Am 4. November treten Sheff und Co bei ihrem einzigen Deutschland-Konzert in diesem Jahr beim Festival „Rolling Stone Weekender” am Weissenhäuser Strand auf. (dpa)