Ohne Anfang und Ende Ohne Anfang und Ende: Ausstellung in Halle zu "Ringe der Macht" - und der Liebe

Halle (Saale) - Ringe sind seit Jahrtausenden Zeichen der Macht. Aber die schönsten Geschichten über Ringe hat noch immer die Liebe geschrieben. Das Kapitel Liebes- und Eheringe bildet zwar das Ende der neuen Sonderausstellung des Landesmuseums Halle, ist aber so berührend, dass es am Anfang stehen soll. Stellvertretend für einen Ring, der aus Zuneigung und nicht als Insignie der Macht vergeben wurde, ist in der „Ringe der Macht“ betitelten Schau jener Fingerring zu sehen, den einst die heilige Elisabeth von Thüringen getragen hat.
Sie erhielt das Stück als Abschiedsgeschenk von ihrem Mann, Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, als der 1227 ins Heilige Land aufbrach. Bis dahin gelangte der Fürst jedoch nicht. Der Kreuzfahrer starb noch im selben Jahr in Süditalien. In dem Moment seines Todes, so berichtet die Legende, sei der Stein aus seiner Fassung gesprungen und in zwei Teile zerbrochen. Elisabeth nahm das sofort als schicksalhaftes Zeichen, dass ihrem Mann ein Unglück widerfahren sei.
Ein Ring sie zu knechten
So ergreifend diese Erzählung auch ist, so gelte unter Museumsleuten das ungeschriebene Gesetz, dass man „zwei Dinge nicht ausstellt: Münzen und Ringe“. Das sagte Landesarchäologe Harald Meller vor der Eröffnung
der Ausstellung am Donnerstagabend. „Münzen und Ringe zeigt man gewöhnlich nicht, weil sie zu kleinteilig sind und die Besucher schnell langweilen“, so Meller.
Doch dem Landesmuseum kommt - so Meller - die „moderne Volksmythologie“ zu Hilfe, und zwar in Gestalt der Saga „Der Herr der Ringe“ von J. R. R. Tolkien. In dieser wird in drei Büchern berichtet, wie der Hobbit Frodo und seine Freunde aus dem Auenland sich auf die Reise machen, um den Ring der Macht zu vernichten und damit den dunklen Herrscher Sauron, der ihn schmieden ließ, zu besiegen. Zwar ist kein Ring der Macht aus der Filmtrilogie von Regisseur Peter Jackson zu sehen, wohl aber eine edle Replik desselben mit der in Elbenrunen verfassten Inschrift: „Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.“
Parallel dazu wird die Geschichte erzählt, wie Tolkien zu der Idee für seinen „Herrn der Ringe“ fand. Alles begann mit einem altrömischen Fluch-Täfelchen, das dem Mediävisten, der Tolkien im Hauptberuf war, 1929 in Oxford vorgelegt wurde. Auf dieser verflucht ein römischer Edelmann den von ihm namentlich genannten Dieb seines Rings.
Im Zentrum steht aber ein anderer Ring, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, aber ein außergewöhnliches Exponat ist, das in einer stelenartigen Vitrine präsent wird. Das nach seinem Fundort in Sachsen kurz „Ring von Paußnitz“ genannte Objekt kam 1898 als Teil eines vergrabenen Münzschatzes ans Tageslicht und bald in das damalige Provinzial- und heutige Landesmuseum nach Halle. Da der um 1200 gefertigte Ring bei den Münzen verblieb, geriet er in Vergessenheit.
Erst 2001 entdeckte Arnold Muhl, einer von drei Kuratoren der aktuellen Ausstellung, das Stück wieder. Mit Hilfe von Spezialisten konnte die Inschrift auf dem zwölfeckigen Ring entschlüsselt werden: „Naine Mi Xps“ („Verneine mich, Christus“) formuliert den Wunsch seines Trägers, so Kurator Arnold Muhl, nach vollkommener Selbstaufgabe für das Erlangen des Seelenheils. Dass der Besitzer nicht nur tief religiös und vermutlich auch ein Kreuzfahrer war, sondern auch ein gebildeter Mann, verrät die Inschrift ebenfalls: Die wurde in zwei verschiedenen Schriftarten verfasst, die den Zeitgenossen des Ringbesitzers kaum geläufig gewesen sein dürfte.
Doch seit wann trägt der Mensch eigentlich Ringe? Die ältesten Objekte sind 50 000 Jahre alt. Im Lauf der Menschheitsgeschichte wandelten sich die Vorlieben für Ringe, die über viele Jahrtausende vor allem Zeichen irdischer oder auch göttlicher Macht waren, über die auch ihre Träger verfügten. Anführer in der Steinzeit schmückten sich mit Haarsträhnen-Ringen aus Gold, Kelten-Fürsten trugen, ähnlich wie später die der Germanen, goldene Halsringe. Auch Wikinger-Herrscher wählten als Zeichen ihrer Macht Halsringe, die allerdings aus Silber waren, da die Beschaffung von Gold für die Nordmänner sehr schwierig war.
Edle Objekte, kurze Texte
Zu einer buchstäblich runden Sache wird die Schau durch die ausgesucht schönen Objekte und die wohltuend kurzen Texte. Doch entscheidend ist vor allem dies: „In unserer Ausstellung wird nach der Funktion von Ringen gefragt. Das ist ein komplett neuer Ansatz“, wie Kuratorin Susanne Kimmig-Völkner sagte.
Unter den 250 Exponaten von 30 Leihgebern ist auch eines, das zum ersten Mal außerhalb seiner Heimat zu sehen ist: Bei der 2017 in der Schweiz entdeckten „Hand von Prêles“, die um 1500 vor Christus gefertigt wurde, handelt es sich wohl um die erste, anatomisch korrekt gestaltete Bronzeplastik einer Hand samt Armreif. „Die Geste der erhobenen, offenen und dem Gegenüber zugewandten Hand ist in vielen Kulturen eine Segens- und Schutzgeste, wirkt aber auch gebietend“, heißt es dazu im Begleitbuch.
››„Ringe der Macht“, Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, bis zum 1. Juni 2020, Di-Fr 9-17 Uhr, Sa/So 10-18 Uhr. Das Begleitbuch kostet 13 Euro.
(mz)
