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Norwegen holt Grand Prix 2009

17.05.2009, 08:44

Moskau/dpa. - Popmärchen für Norwegen, neue Schlappe für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC): Der norwegische «Harry Potter» Alexander Rybak (23) hat mit seinem Song «Fairytale» - zu deutsch: Märchen - das Finale des 54. ESC in Moskau mit Rekordvorsprung gewonnen.

Das deutsche Duo Alex Swings Oscar Sings! landete mit der frivolen Swing-Nummer «Miss Kiss Kiss Bang» am Samstagabend auf dem 20. Platz unter 25 Teilnehmern. Der Produzent Alex Christensen sagte im Anschluss: «Wir haben alles gegeben, mehr ging nicht. Das war eine Weltklasse-Show!» Er verfehlte damit sein Ziel, einen Platz im oberen Drittel zu ergattern. Immerhin blieb den Deutschen die Vorjahresblamage des letzten Platzes mit den No Angels erspart.

Der geigende und tanzende Sänger Rybak holte ausgerechnet am Nationalfeiertag seiner Heimat (17. Mai) den dritten Sieg für sein Land, nach 1985 und 1995. Der gebürtige Weißrusse überzeugte in der Olympia-Halle der russischen Hauptstadt die nationalen Jurys und Fernsehzuschauer mit seinem selbstkomponierten Lied «Fairytale» über seine erste Liebe. Enttäuscht zeigten sich vor allem die türkische-belgische Sängerin Hadise mit ihrem Bauchtanz-Poplied sowie die vom Musical-König Sir Andrew Lloyd Webber (61, «Phantom der Oper») am Klavier begleitete Britin Jade Ewen, die sich mit ihrer Ballade deutlich mehr versprochen hatte.

Der in München lebende US-Musicalsänger Oscar Loya nahm das schlechte Abschneiden gelassen. «Das war der Moment meines Lebens. Ich hatte Megaspaß. Es ist traumhaft, trotz unsers Abschneidens», sagte er nach der Show. Er sei stolz, für Deutschland angetreten zu sein. Alex Swings Oscar Sings absolvierten beim Grand Prix als Startnummer 17 ihren Auftritt sicher und mit viel nackter Haut. Oscar Loya steppte in einer Glitzerhose zu dem Swingdance-Lied. Mit von der Partie war US-Erotik-Tänzerin Dita von Teese, die viel nackte Haut zeigte.

Die 36-Jährige hielt aber auf Bitten der Veranstalter ihren Busen stärker bedeckt als in der ersten Probe. Mit erotischen Posen und einer Reitgerte in der Hand ritt sie auf einem Kussmund-Sofa. Bei der Show riss die Ex-Ehefrau des Rockmusikers Marilyn Manson dem drahtigen Oscar Loya das Hemd auf, der dann mit freiem Oberkörper tanzte. Alex kündigte eine Analyse des schlechten Ergebnisses an. «Ich bin selbst mein schärfster Kritiker», sagte der Hamburger Produzent, nachdem er noch im vorigen Jahr den Misserfolg der No Angels kritisiert hatte.

Überschattet wurde das auch bei vielen Schwulen und Lesben beliebte Grand-Prix-Finale vom gewaltsamen Einsatz der Moskauer Polizei gegen eine nicht genehmigte Homosexuellen-Kundgebung am Samstagnachmittag. Etwa 40 Demonstranten wurden dabei festgenommen. Rybak kritisierte vor Journalisten nach seinem Sieg das Vorgehen der russischen Polizei. «Aber wir hatten in der Halle heute die größte Schwulenparade überhaupt», sagte er angesichts der traditionell zahlreich vertretenen homosexuellen Fans bei der Show. Auch Oscar Loya, der mit einem Mann zusammenlebt, hatte das Demonstrationsverbot kritisiert.

Für Star-Flair beim diesjährigen Grand Prix sorgte neben Webber die französische Chanson-Sängerin Patricia Kaas, die allein auf der Bühne stand und einen Begeisterungssturm im Publikum auslöste. Neben den vielen Balladen reichte die musikalische Palette des Abends von kuscheligem Opernrock über Folklore- und Ethno-Pop und Hymnen bis hin zu klassischer Discomusik. Überzeugen konnte auch die erst 18 Jahre alte Yohana aus Island mit ihrer melancholischen Soulnummer, die Silber in Moskau holte. Das aserbadischanische Duo AySel & Arash setzte zu dem feurigen Song «Always» auf viel Pyrotechnik und eine Windmaschine und kam auf Rang drei.

Viele Interpreten nutzten wie Rybak Streichinstrumente für ihre Songs sowie krachende Showeffekte, viel nackte Haut und immer wieder bengalisches Feuerwerk und Nebel. In der Arena ließen die Organisatoren während der Abstimmung ein riesiges transparentes Schwimmbecken mit badenden Frauen über den Köpfen der Fans schweben. Russland hatte sich die Ausrichtung der «Musik-Olympiade» mehr als 30 Millionen Euro kosten lassen und eine olympiareife Eröffnungsshow mit viel Akrobatik geboten.

Nach Veranstalterangaben verfolgten 20 000 Fans in der Halle und 120 Millionen Zuschauer daheim vor den Fernsehern das europäische Musik-Festival. Insgesamt waren in Moskau 42 Länder an den Start gegangen, von denen aber 17 nach den beiden Halbfinalen vorzeitig die Koffer packen mussten. Georgien durfte musste wegen des gegen Russlands Regierungschef Wladimir Putin gerichteten Liedes «We Don't Wanna Put In» erst gar nicht beim Grand Prix antreten.