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Neuerscheinung Neuerscheinung: Silly stellt zweites gemeinsames Album vor

Von andreas montag 22.03.2013, 19:56
Die Musiker der Band Silly, Ritchie Barton (Keybord), Anna Loos (Gesang), Uwe Hassbecker (Gitarre) und Hans-Jürgen Reznicek (Bass, v.l.)
Die Musiker der Band Silly, Ritchie Barton (Keybord), Anna Loos (Gesang), Uwe Hassbecker (Gitarre) und Hans-Jürgen Reznicek (Bass, v.l.) dpa Lizenz

halle/MZ - Pünktlich wie die Maurer sind sie: Exakt drei Jahre nach dem Neustart der ostdeutschen Traditionsband Silly mit der Sängerin Anna Loos und dem Album „Alles Rot“ kommt heute das zweite gemeinsame Werk der Berliner auf die Ladentische der Republik: „Kopf an Kopf“ (Universal). Das muss sich am ersten messen lassen - immerhin hatte „Alles Rot“ einen starken Auftritt gehabt. Und Anna Loos erwies sich dabei mit ihrem intensiven Gesang als beinahe unheimliche Wiedergängerin der 1996 an Krebs gestorbenen Silly-Frontfrau Tamara Danz.

Die Latte liegt also hoch, zumal die Band, inzwischen in allen, nicht nur den ostdeutschen Medien unterwegs, vor Selbstbewusstsein geradezu strotzt. Und überhaupt: Die Sache mit dem Ostrock hören Frau Loos, von der die meisten der neuen Texte stammen, sowie ihre Kollegen Ritchie Barton, Uwe Hassbecker und Jäcki Reznicek auch nicht mehr gern. Als Ostband allein wollen sie nicht mehr wahrgenommen werden, nach so vielen Jahren. Das mag als Verkaufsargument auf dem gesamtdeutschen Markt von Nutzen sein, auch bekommt ja beileibe nicht mehr jeder gelernte Ossi nostalgische Hitzewellen, wenn ihm nur ein Produkt angepriesen wird, das nach alten Zeiten riecht. Im Falle von Silly ist es aber schon ein bisschen anders: Die Band mit dem ausgeprägt sozialen, mahnenden Groove, den sie immer noch als unverwechselbare Marke kultiviert, hat in der Agonie der DDR vielen Silly-Fans eine Ermutigung und damit praktische Lebenshilfe bedeutet. Ähnlich ist es mit City und Pankow gewesen - ebenso etabliert wie Silly und trotz hörbarer Aufmüpfigkeit von den Wächtern des Staates nicht mehr zu verbieten, wie es mit der Renft-Combo noch zu machen gewesen war. Dies alles im Hinterkopf - und das neue Album von Silly hörend, wird man zum Schluss kommen, dass die Band sehr wohl noch immer zum Ostrock gehört, was keine Schande ist, auch wenn das Produkt an manchen Stellen, zumal in den Arrangements, eben auch ein bisschen Patina trägt. Die Platte stellt eine Mischung von teils sehr persönlich gehaltenen, berührenden Liebesliedern und politisch-moralischen Positionsbestimmungen dar.

Sympathisch daran ist die Offenheit, mit der die Themen aufgefasst werden, von denen man annehmen kann, dass sie dem erwachsenen Publikum nicht nur vertraut, sondern auch wichtig sind. Da geht es in dem Song „Deine Stärken“, einem der besten Stücke des Albums, um eine spannungsvolle, nicht krisenfreie Beziehung - und um die Angst, dass das, was einem doch das Wichtigste ist, im Alltag verloren gehen könnte: „Wie breche ich das Schweigen? Wie füg ich uns zusammen?“, fragt Anna Loos. Dann ruft sie sich selbst und dem Mann, dem die Ansprache gilt, in Erinnerung: „Deine Schwächen sind auch Stärken, an Dir gefällt mir alles gut.“. Und im Titellied „Kopf an Kopf“ bittet sie: „Komm, bring mich zurück.“

Ein Lied, das der Band besonders viel bedeutet, ist nach einem Text von Tamara Danz entstanden, den Uwe Hassbecker in seinem Computer versteckt und nun wiedergefunden hat. So erzählte es der Gitarrist jetzt in einem Gespräch beim Radiosender MDR Jump.

„Blinder Passagier“ heißt das Stück, es erzählt von der Sorge, dass Eltern ihre Kinder in den gleichen, engen und zwanghaften Mustern erziehen, die sie selber unfrei gemacht haben. Ein richtiger, guter, empfindsamer Silly-Song, ohne Zweifel, an dem allein das wiederkehrende Glockengeläut und der rumpelnde Beat einfach zu dick geraten sind.