Neuer Prunk für alte Wettiner-Särge aus Freiberger Dom
Freiberg/dpa. - Auf dem fürstlichen Zinnsarg lassen sich die vor Jahrhunderten ziselierten Muster nur noch erahnen. An den Sarkophagen mit den sterblichen Überresten der albertinischen Wettiner hat der Zahn der Zeit genagt - vom alten Prunk ist nicht mehr viel zu sehen.
Im Freiberger Dom St. Marien wurden von Mitte des 16. bis Ende des 17. Jahrhunderts fürstliche Wettiner-Häupter zur letzten Ruhe gebettet. Zuvor waren sie im Meißner Dom beigesetzt worden.
Nun werden 14 der Zinnsärge restauriert. «Der Zustand war schon nicht mehr erträglich», sagt der Leiter der Domführung, Manfred Hübner. Umwelteinflüsse, salpeterhaltiges Gemäuer, Korrosion und nicht fachgerechte Lagerung hatten ihren Teil beigetragen. Teilweise zerbröselte das Material, Ecken waren eingedrückt. Unterböden bogen sich durch. Das Innere mit den Gebeinen lag fast offen. Staub rieselte aus kleinen Löchern. «Das hat mit Pietät nichts mehr zu tun», meint Hübner.
Der Freistaat unterstützt in diesem Jahr mit rund 340 000 Euro die Restaurierung. Ein Sarg ist bereits fertig und kam im Sommer zurück in den Freiberger Dom. Dorothea Äbtissin zu Quedlinburg, Tochter von Kurfürst Christian I., hat knapp 400 Jahre nach ihrer ersten Bestattung 1617 wieder Ruhe gefunden. «Die Eingriffe wurden so gering wie möglich gehalten, um die Substanz zu schonen», sagt Restauratorin Jessica Ulrich von der Berliner Metallrestauratoren-Firma Haber & Brandner.
Hier hat man bereits Erfahrungen mit den Wettinern: Die nach dem Hochwasser 2002 stark in Mitleidenschaft gezogenen Särge aus der Dresdner Hofkirche wurden restauriert. Jetzt sind die «Freiberger» an der Reihe. Nur mit schwerer Technik waren die zum Teil weit mehr als 500 Kilogramm schweren Kolosse aus der Krypta des Freiberger Doms herauszuheben. In der Nordkapelle warten sie nun auf den Abtransport.
Zuvor müssen Holzreste und Gebeine umgebettet werden. Bei Öffnung des Sarges der Äbtissin waren auch Textilien, Schmuck und das Holz den Innensarges in Teilen erhalten. «Nun ist der Sarg von Sybilla Elisabeth aus dem 17. Jahrhundert an der Reihe», sagt Diplom- Restauratorin Ulrich. Hier war der Zustand im Inneren besser als gedacht. Mit Edelstahlverstrebungen werde in den nächsten Monaten der Sarg stabilisiert, sagt sie. «Das Material wird gereinigt, befestigt und konserviert.» Außen angebrachte Wappen und Trophäen werden wieder zum Strahlen gebracht, eingravierte biblische Sprüche sollen wieder lesbar sein. «Erhaltene Vergoldungen und Farbreste auf den Zierelementen des Sargs werden in ihrem jetzigen Zustand gesichert, jedoch nicht ergänzt», sagt sie. Die Arbeiten dauern etwa zwei bis drei Monate.
Die besondere Beziehung der Wettiner zu Freiberg ist Herzog Heinrich dem Frommen (gestorben 1541) zu verdanken, der die Reformation ins albertinische Sachsen brachte. «Heinrich liebte die Stadt», sagt Domführer Hübner. Auch nach dem Tode wollte der Herzog hier bleiben und legte in seinem Testament den Dom als letzte Ruhestätte fest. Weitere Familienangehörige folgten: insgesamt 38, darunter sieben herrschende evangelisch-albertinische Kurfürsten, deren Ehefrauen und Kinder.
Die ersten kamen unterm Kirchenboden im Hohen Chor zur Ruhe. Ihre Grabplatten sind in Stein eingelassen. «Doch unterirdisch wurde es bald eng», sagt Hübner. Platz für die Sarkophage bot dann für mehrere Jahrhunderte die Krypta. Als letzter Kurfürst wurde 1694 Johann Georg IV. bestattet, ihm folgte nur noch seine wenige Jahre später gestorbene Gattin.
Mit der gut 150 Jahre dauernden Tradition brach dann sein berühmter Bruder, August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, der 1697 zum Katholizismus übergetreten war. Er starb in Warschau und wurde in der Wawel-Kathedrale in Krakau beigesetzt. Sein Herz wurde später in die Dresdner Hofkirche überführt, wo es noch heute in einem Metallgefäß aufbewahrt wird. Seine Nachfolger kehrten auch im Tode nicht mehr nach Freiberg zurück, sondern fanden in der Dresdner Hofkirche ihre letzte Heimstatt.