Naturkunde Naturkunde: Kassel zeigt Mumien aus zwei Jahrtausenden

Kassel/dpa. - Während sich dasOttoneum auf die naturwissenschaftlichen Probleme konzentriert, geht das Museum für Totenkult der kulturellen Bedeutung der Mumien nach.Dabei hat das Ottoneum nach Angaben seines Leiters Kai Füldner neben der wissenschaftlichen auch eine historische Berechtigung: Vor genau300 Jahren sei das 403 Jahre alte Gebäude in das «CollegiumCarolinum» umgewandelt worden, um unter anderem Medizinerauszubilden. Die dafür angefertigten Mumien von Frühgeburten seien die letzten noch erhaltenen ihrer Art und würden jetzt wieder gezeigt.
«Wir wollen die ganze Geschichte dieser Technik zeigen, von derfrühesten Mumie vor Tausenden von Jahren bis zur Plastination von heute», sagte Füldner. Viele Mumien seien aber auch ganz natürlichentstanden, etwa im Eis, in der Wüste oder sogar durch Lufttrocknungauf einem Dachboden. Deshalb könnten auch Tiermumien gezeigt werden.«Unser Stolz ist aber Pharao Imhotep. Leider durch Grabräuber schwerbeschädigt, ist es doch eine faszinierende Mumie.»
Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es sich umMenschen handelt. «Wir treten einem Staatsmann gegenüber, egal wielange er tot ist. Deshalb wollen wir ihm in der Ausstellung einegewisse Ehre erweisen.» Das gelte auch für die unbekannten Leichen:«Es sind Menschen, die vor Jahrhunderten gelebt, geliebt, gelachthaben. Wer ein indianisches Mädchen anblickt und die liebevollgeflochtenen Zöpfe sieht, muss einfach berührt sein.»
Der Direktor des Totenkultmuseums, Reiner Sörries, sagte, dassMumien nichts rein Ägyptisches seien. «Das gab es überall auf derWelt und spätestens seit dem Barock auch in Europa. Es war derVersuch, den Traum vom ewigen Leben Wirklichkeit werden zu lassen.Die Hoffnung auf geistige Unsterblichkeit sollte mit der Erhaltungdes Körpers untermauert werden.» Deshalb hätten die, die es sichleisten konnten, «Mumia vera» aus zerriebenen Mumien zu sichgenommen. «In unserer Ausstellung steht daneben ein Einkaufswagenvoller Wellnessprodukte. Und siehe da, soweit sind wir von damals garnicht entfernt.»
«Tote Menschen ziehen immer Besucher an, aber hier geht es umWissenschaft», sagte Kurator Wilfried Rosendahl. «Das ist keineSensationsschau, sondern eine ethisch korrekte Ausstellung zum ThemaTod.» Die Schau war bereits in Mannheim, Bozen, Schleswig undBraunschweig zu sehen, wurde nach Angaben der Kuratoren aber deutlicherweitert und zudem aktualisiert. Im nächsten Jahr soll dieAusstellung nach New York und später in andere Städte der USA gehen.
(Internet: http://mumien-sonderausstellung-kassel.blogspot.com)[Ottoneum]: Steinweg 2, Kassel