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Nach der Wende: Der spannende Thriller "Freies Land"

23.07.2020, 16:06
Die ungleichen Ermittler Patrick Stein (Trystan Pütter) und Michael Bach (Felix Kramer) sind im Hotel Fortschritt untergebracht. Foto: Verleih Telepool/dpa
Die ungleichen Ermittler Patrick Stein (Trystan Pütter) und Michael Bach (Felix Kramer) sind im Hotel Fortschritt untergebracht. Foto: Verleih Telepool/dpa dpa

Berlin - Vieles ist marode, verfallen, verrostet, vergangen, zerbröselt, kaputt - Abraumhalden und Industriebrachen verbreiten Endzeitstimmung. Dabei ist es eigentlich eine Zeit des Aufbruchs: Christian Alvart hat seinen Film „Freies Land” in der Nachwendezeit angesiedelt, als der Blick in die Zukunft noch eine rosige Verheißung sein konnte.

Und dann ist da diese abenteuerliche Sumpflandschaft, die eher an Louisiana erinnert als an Ostdeutschland. „Freies Land” (jetzt auf DVD/Blu-ray erschienen) könnte problemlos als Südstaaten-Thriller durchgehen, in dem wortkarge und vom Leben gezeichnete Menschen ihr mühsames Dasein fristen. Vor allem die Jüngeren wollen weg aus Löwitz - Berlin ist für viele das gelobte Land.

Hierher verschlägt es den Hamburger Kommissar Patrick Stein (Trystan Pütter). Ein etwas blasser, leicht bornierter und sehr kontrollierter Mann, der nach zwei verschwundenen Mädchen suchen soll. Das erste Aufeinandertreffen mit seinem ostdeutschen Kollegen Markus Bach (Felix Kramer) gerät dabei ziemlich schmerzhaft.

Der bullige Ermittler mit riesigem Schnauzbart nimmt Stein in seinem Hotelzimmer erst einmal ordentlich in die Mangel, weil er ihn für einen Eindringling hält. Überhaupt hält er nicht viel von dem „Wessi”, der nicht weiß, wie der Osten funktioniert. „Kämpfen kannst du nicht, und schießen kannst du auch nicht”, knallt er dem Hamburger Import um die Ohren, als dieser am Schießstand auf einem traurigen Rummelplatz nicht richtig trifft.

Ost trifft auf West! Auch! Wobei Regisseur Christian Alvart es geschickt vermieden hat, einfach in die Klischeekiste zu greifen. Die Biografie seine Ermittler ist weitaus differenzierter angelegt. Die Gemütslage weitaus komplexer.

„Freies Land” erzählt von den Ängsten, Hoffnungen und von vielen gescheiterten Wünschen in der Nachwendezeit. Hotel Fortschritt heißt das erste Haus am Platz - es wirkt wie ein Hohn.

„Freies Land”, das Remake eines spanischen Films, ist vor allem aber auch ein extrem düsterer und äußerst spannender Thriller mit vielen ästhetischen Glanzlichtern, in dem es um zwei verschwundene Mädchen geht. Doch je tiefer die beiden Ermittler graben, umso unheimlicher wird es, umso dunkler sind die Schichten. Außergewöhnlich.

© dpa-infocom, dpa:200723-99-894150/11 (dpa)