Musik Musik: Jazz-Legende Chris Barber wird 75 Jahre alt
London/dpa. - AmSonntag (17. April) wird Chris Barber 75 Jahre alt - und noch immerlässt sein Publikum ihn nicht ohne «Ice Cream» von der Bühne.
Nach eigener Schätzung hat Barber den Gassenhauer in seinerKarriere etwa 20 000 Mal gespielt. Barber tritt schon seit mehr als50 Jahren auf. Am 31. Mai 1954 hatte seine Band ihren erstenAuftritt. Schon damals wusste er: «Wir wollen spielen, spielen,spielen.» Ob er die leiseste Ahnung hatte, dass er mit seinem Jazz imtraditionellen New-Orleans-Stil rund 12 000 Konzerte weltweit gebenund mit Mitte 70 immer noch auf der Bühne stehen würde? Dass er mitseiner Band über 100 Langspielplatten aufnehmen und für «PetiteFleur» mit Monty Sunshine die goldene Schallplatte erhalten würde?
Das Geheimnis des 1930 auf dem Lande im Südosten Englandsgeborenen Künstlers, der erst Rennfahrer werden wollte, liegt wohldarin, dass er immer wieder andere Stilrichtungen in dentraditionellen Jazz integrierte: In den 50er Jahren verfiel derMusiker, der selbst Geige, Bass, Saxophon und Posaune spielen kann,hoffnungslos dem Blues und heiratete auch eine Blues-Sängerin,Ottilie Patterson. In den 70er Jahren experimentierte er mitöstlichen und folkloristischen Musikstilen. Auch mit Rockmusikernpflegte er freundschaftliche Kontakte, ebnete als Mitinhaber deslegendären Londoner Marquee-Clubs den Rolling Stones und denYardbirds den Weg. Mark Knopfler von den Dire Straits und EricClapton soll er maßgeblich beeinflusst haben.
Es passt zu dem Jazzposaunisten der alten Schule, dass er seineBand 2001 im Alter von 71 Jahren noch einmal umwandelte - in die BigChris Barber Jazz & Blues Band mit nunmehr elf Musikern, um mit einemvolleren Klang seinem großen Idol Duke Ellington näher zu kommen.Seinen 75. Geburtstag feiert Chris Barber übrigens mit seiner Bandund seinen Fans in Deutschland, im Konzerthaus in Ravensburg. Danachwird den ganzen April lang weiter gespielt - unter anderem inAugsburg, Bamberg, Darmstadt, Borken/Westfalen, Jever und Münster.
Zeit zum Ausruhen findet der Ehrenbürger der Jazz-Hauptstadt NewOrleans vielleicht nach dem Ende der Tournee auf seiner Farm in derNähe Londons, wo er mit seiner jetzigen Ehefrau, einerKunsthistorikerin, lebt. Neben Jazzplatten aus Schellack,Jugendstilglas und alten Modelleisenbahnen sammeln die Barbersmittlerweile auch amerikanische Eiskremgläser aus den 20er Jahren.