1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. US-Lyrikerin: „Musik der Gedanken“: Nobelpreisträgerin Glück ist tot

US-Lyrikerin „Musik der Gedanken“: Nobelpreisträgerin Glück ist tot

2020 bekam US-Lyrikerin Louise Glück den Literaturnobelpreis und wurde so weltweit bekannt. Sie habe eine „unvergleichliche poetische Stimme“, hieß es damals. Nur drei Jahre später ist Glück nun gestorben.

Von Christina Horsten, dpa 13.10.2023, 22:47
Die Dichterin Louise Glück am 22. September 2016 bei einer Zeremonie zu ihrer Ehrung mit der National Humanities Medal der USA im East Room des Weißen Hauses in Washington.
Die Dichterin Louise Glück am 22. September 2016 bei einer Zeremonie zu ihrer Ehrung mit der National Humanities Medal der USA im East Room des Weißen Hauses in Washington. Susan Walsh/AP

New York (dpa) - Die US-Lyrikerin und Literaturnobelpreisträgerin Louise Glück ist tot. Das sagte der Chef des Verlags Farrar, Straus and Giroux, Jonathan Galassi, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in New York. Glück wurde 80 Jahre alt. Die Todesursache sei Krebs gewesen, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf Richard Deming, einen Kollegen von Glück an der Englisch-Fakultät der Elite-Universität Yale.

2020 war Glück mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden - für viele damals überraschend, Experten hatten ihren Namen vorab nicht auf dem Zettel. Die Schwedische Akademie begründete die Auswahl mit der „unverkennbaren poetischen Stimme“, mit der Glück „mit strenger Schönheit die individuelle Existenz universell“ mache. Die Stimme von Glück sei „aufrichtig, kompromisslos und signalisiert, dass diese Poetin verstanden werden will. Aber es ist auch eine Stimme voller Humor und beißender Scharfsinnigkeit“, hieß es in der Begründung. Der deutsche Literaturkritiker Denis Scheck kommentierte die Entscheidung der Akademie damals als „Überraschung, aber keine schlechte“.

„Erst habe ich Panik bekommen, dann dachte ich, dass ich halluziniere“, sagte Glück in einer ihrer ersten Reaktionen auf den Preis. „Danach fühlte ich mich unglaublich geehrt.“ Sie überlegte, mit dem Preisgeld ein Haus im US-Bundesstaat Vermont zu kaufen - zugleich äußerte die Lyrikerin, die äußerst ungern im Scheinwerferlicht stand, aber auch Sorge, dass sich ihr Alltag durch den Preis verändern werde.

Kindheit in Long Island

Glück wurde 1943 in New York geboren und wuchs als Tochter eines Unternehmers und einer Hausfrau in Long Island auf. Ihre Großeltern väterlicherseits waren aus Ungarn eingewanderte Juden. Als Kind litt Glück unter Essstörungen, Psychotherapie war lange wichtiger Teil ihres Lebens.

Schon als Mädchen schrieb sie Gedichte. Nach ihrem Debüt „Firstborn“ (1968) veröffentlichte sie zahlreiche weitere Gedichtbände sowie mehrere Bücher mit Essays über Poesie. Im Luchterhand-Verlag sind vier ihrer Werke auf Deutsch erschienen: „Wilde Iris“, „Averno“, „Winterrezepte aus dem Kollektiv“ und „Treue und edle Nacht“.

„Ich war ein einsames Kind“, sagte Glück in einem ihrer seltenen Interviews. „Meine Interaktionen mit der Welt als soziales Geschöpf waren unnatürlich, gezwungen, und ich war am glücklichsten, wenn ich gelesen habe.“ Nach der Schule besuchte sie zeitweise das Sarah Lawrence College und die Columbia University in New York. Später lehrte Glück, die zweimal verheiratet war und einen Sohn hatte, an verschiedenen Universitäten, zuletzt an der Elite-Universität Yale.

Jede Menge Auszeichnungen

Trotz ihrer Ablehnung des Scheinwerferlichts hatten sich schon vor dem Nobelpreis die öffentlichen Auszeichnungen für Glück gehäuft: Offizielle Dichterin der Kongressbibliothek in Washington, Guggenheim-Stipendien, Pulitzer-Preis und National Book Award gehörten dazu.

In Glücks Texten geht es fast immer um Emotionen und Gedanken - um Einsamkeit, Familienbeziehungen, Liebe, Verzweiflung, Scheidungen und Tod - oft durchwirkt mit klassischen antiken Mythen und Sagen. Die Spezialität der Poetin sei „genau die Sache, die nur lyrische Dichtung schaffen kann, und die zu den intimsten, nicht-öffentlichsten Dingen gehört, die Wörter schaffen können“, schrieb die „New York Times“ einmal. „Die ganz spezielle Musik der Gedanken zu imitieren.“