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Musical Musical: Käpt'n Blaubär ist kaum wiederzuerkennen

Von Christoph Driessen 27.10.2006, 11:50
Björn Klein, Darsteller des Käpt'n Blaubär im gleichnamigen Musical, steht auf der Bühne des Festzelts am Kölner Südstadion. (Foto: dpa)
Björn Klein, Darsteller des Käpt'n Blaubär im gleichnamigen Musical, steht auf der Bühne des Festzelts am Kölner Südstadion. (Foto: dpa) dpa

Köln/dpa. - Er hat keine Bärenschnauze mehr, sondern einMenschengesicht und statt mit der bärbeißigen Stimme von WolfgangVölz Hamburgerisch zu näseln, spricht er Hochdeutsch. Kein Wunder,dass der fünfjährige Joshua in der Pause fragt: «Und wann kommt jetztendlich Käpt'n Blaubär?»

Der Erfinder des Käpt'n, Walter Moers («Adolf, die Nazi-Sau»),soll sich lange gegen eine Bühnenfassung seines Bestsellers gesträubthaben, und nun sieht man, warum. Die Uraufführung des «wahrscheinlicherlogensten Musicals der Welt» im eigens dafür entworfenenZelttheater war zwar umjubelt, aber es waren durchweg Erwachsene, dieda klatschten. Die Kinder im geladenen Publikum konnte man an einpaar Händen abzählen. Nun sagen die Macher zwar, das Ganze sei auchfür Erwachsene gedacht, aber das müssen dann wirklich - wie es insolchen Fällen heißt - sehr «jung gebliebene Erwachsene» sein.

Der versponnene Humor der Moersschen Fantastereien vonTratschwellen, Rikschadämonen und gemeinen Stollentrollen lässt sichnur schwer auf die Musicalbühne übertragen - alles ist dort drei Malso dick aufgetragen wie in der Buchvorlage. Gleichzeitig fehlt demSpektakel der Charme der WDR-Puppenspiele, die Käpt'n Blaubär in den90er Jahre zu seiner großen Anhängerschaft verholfen haben. ImMusical ist die Handlung zu verworren, die Vielzahl der Figuren zuschwer zu überblicken, als dass Kinder dem folgen könnten.

Beeindruckend sind allerdings einige Effekte, die man auf derMusicalbühne so noch nicht gesehen hat - etwa wenn der Bär auf demRücken eines riesigen Flugsauriers über den Fantasiekosmos Zamonienmit seinen Finsterbergen, süßen Wüsten, Dimensionslöchern undWotansmündern dahinschwebt. Auch die Songs von Martin Lingnau gehenins Ohr, und das Ensemble ist eine muntere Truppe - die 15 Mitgliedertanzen, singen, schauspielern, führen Puppen und schlüpfen in raschemTempo in immer andere Kostüme. Zu sehen gibt es durchaus was indiesem Stück. Und dennoch wird sich mancher dabei ertappen, dass erwährend des Spektakels wehmütig an den alten Blaubär zurückdenkt, denzotteligen Spinner von Seemannsgarn in seinem gemütlichenOhrensessel, der seinen drei Enkeln in aller Ruhe vonErbfolgerempeleien und Regenwaldzwergen mit Nahkampfausbildungvorschwindelt.

Das 1400 Zuschauer fassende Zelttheater gastiert zunächst bis zum14. Januar in Köln und wandert dann in den nächsten eineinhalb Jahrenweiter nach Frankfurt, Hamburg, Berlin, München und Stuttgart.