Museum der bildenden Künste in Leipzig Museum der bildenden Künste in Leipzig: Skulpturen von Max Klinger werden restauriert

Leipzig/dpa. - LangeZeit galten die Einzelteile als verschollen. Jetzt werden sie imMuseum der bildenden Künste in Leipzig für gut 255 000 Eurorestauriert und rekonstruiert. «Es ist das aufwändigste undumfassendste Restaurierungsprojekt der Museumsgeschichte», sagtChefrestaurator Rüdiger Beck.
Das Klinger-Oeuvre kam ein Jahr vor dem Ausbruch des ZweitenWeltkrieges als Dauerleihgabe der Österreichischen Galerie BelvedereWien in die Messestadt. Bei einem Bombenhagel 1943 wurde auch dasbereits demontierte Kunstwerk stark in Mitleidenschaft gezogen.Mehrfach umgebettet und in verschiedenen Depots aufbewahrt, folgte1974 der nächste Schock: Bei Schweißarbeiten springen Funken in einemit Holzwolle gepolsterte Kiste, in der die Skulptur «Reue» ruht.«Der Schwelbrand hinterließ eine dicke Schicht von Ruß an derSkulptur. Und das Löschwasser machte das Ganze noch schlimmer: Durchden Kälteschock riss der Marmor, große Schollen brachen heraus unddas Steingefüge ist mancherorts aufgeweitet», sagt Beck. Jetzt werdendie Risse mit einer Spezialmasse aus Glas- und Marmormehl aufgefülltund die schimmernde Ästhetik nachgeahmt.
«Die Risse im Stein haben wir mit Edelstahldübeln stabilisiert,jetzt geht es um die Äußerlichkeiten», sagt Steinrestaurator TorstenArnold. Dutzende Male hat er mittlerweile Kompressen aufgetragen, umwie mit einem Schwamm den Dreck der Jahrzehnte aus der Figur zusaugen. Nach Tagen verdunstet die feuchte Masse und der Dreckbröckelt ab. Ein Geduldsspiel, an dem die Besucher des Museumsteilhaben können. Nicht hinter verschlossenen Türen wird restauriert,sondern mitten in einem mit Sichtbeton verkleideten Kubus. DieBesucher können den Restauratoren über die Schulter schauen undFragen stellen - auch wenn dies seltener als erhofft in Anspruchgenommen wird.
Die Narben der Geschichte werden an der rund 400 Kilo schweren«Reue» vermutlich immer zu sehen sein. Im Vordergrund steht dieSubstanzerhaltung. «Auch an der zweiten Skulptur, der "Hoffnung",gehen wir äußerst vorsichtig vor, damit sie ihre Patina und ihrenWachsüberzug behält», sagt Beck. Sensibilität sei gefragt, nicht dassdie Büste am Ende aussehe, als habe sie Klinger frisch geschlagen.«Der Reiz an dieser Arbeit ist das Zusammenspiel verschiedenerGewerke, Wissenschaftler und Ingenieure», erzählt Beck. Noch längstseien nicht alle Fragen geklärt.
Kopfzerbrechen bereitet dem Chefrestaurator die Nachbildung desvöllig zerstörten marmornen Unterbaus. Allein anhand zweierFotografien aus dem 19. Jahrhundert entwarf die Hochschule fürTechnik, Wirtschaft und Kultur Leipzig detailgetreue Zeichnungen,ermittelte Schnittformen und eine Unterkonstruktion. MonatelangeRecherchen, ein Quäntchen Glück und kaufmännisches Geschick sorgtendafür, dass die Leipziger aus einem längst stillgelegten Pyrenäen-Steinbruch drei insgesamt 21 Tonnen schwere Marmorblöcke mitderselben Aderung ergattern konnten.
Beck hatte 1992 bereits Lucas Cranachs «Dreifaltigkeit»restauriert und will auch jetzt keine Kompromisse machen. Bis Ende2008 wollen 14 Restauratoren Christus im Olymp wiederherstellen undanschließend als Höhepunkt der Leipziger Klinger-Sammlung derÖffentlichkeit zugänglich machen. Dann soll sie mindestens 30 Jahre,so sieht es der Leihvertrag mit der Österreichischen GalerieBelvedere Wien vor, in der Geburtsstadt Klingers zu sehen sein.