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Moderne Kunst Moderne Kunst: Chemnitz bekommt die Sammlung Gunzenhauser

25.08.2003, 08:20
Das Sparkassengebäude am Chemnitzer Falkeplatz, das zwischen 1928 und 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit von Fred Otto erbaut wurde. Hier soll die legendäre Sammlung des Münchner Kunsthändlers Alfred Gunzenhauser ein eigenes Haus bekommen. (Foto: dpa)
Das Sparkassengebäude am Chemnitzer Falkeplatz, das zwischen 1928 und 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit von Fred Otto erbaut wurde. Hier soll die legendäre Sammlung des Münchner Kunsthändlers Alfred Gunzenhauser ein eigenes Haus bekommen. (Foto: dpa) dpa

Chemnitz/dpa. - Dresden, Leipzig, München und Murnau waren an den Start gegangen, aber das Rennen um die private Kunstsammlung von Alfred Gunzenhauser, die als eine der bedeutendsten in Deutschland gilt, hat Chemnitz gemacht. Nach der in den 90er Jahren gescheiterten Schenkung der Buchheim-Sammlung ist das für die Industriestadt wie eine zweite Chance, als Hort der modernen Kunst überregional Furore zu machen. Die Stadt, der noch immer der Ruf des Aschenputtels im Trio der sächsischen Großstädte anhängt, kam dem 77 Jahre alten Münchner Galeristen am weitesten entgegen.

Der Mäzen erhält für seine Sammlung mit etwa 2300 Werken vorrangig expressionistischer Kunst ein eigenes Haus: das «Museum Gunzenhauser». An diesem Mittwoch (27. August) wird dem Chemnitzer Stadtrat der Vertrag über die Stiftung zur Bestätigung vorgelegt. «Reine Formsache», sagt Stadtsprecher Andreas Bochmann. Später soll im Rathaus die feierliche Unterzeichnung des Vertragstextes folgen. Vor einem Monat war der Vertrag bereits von Gunzenhauser und Oberbürgermeister Peter Seifert (SPD) paraphiert worden.

   Für den kinderlosen Kunstliebhaber geht ein lange gehegter Traum in Erfüllung. Die Bilder, «seine Kinder», werden in einem eigenen Museum zu sehen sein. Künftige Besucher erwarten dabei ausnahmslos Kunstwerke ersten Ranges wie etwa 288 Arbeiten allein von Otto Dix. Weiter Namen auf der langen Inventarliste: Conrad Felixmüller, Alexej von Jawlensky, Gabriele Münter, Paula Modersohn-Becker, Max Beckmann und Ernst Ludwig Kirchner. Vertreten sind ebenso Edvard Munch oder Lovis Corinth.

   Auch mit Kunst aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die Sammlung reich bestückt, für die Namen wie Gerhard Altenbourg, Willi Baumeister, Johannes Grützke, Serge Poliakoff und Horst Antes stehen. Der Wert der Sammlung wird auf etwa 200 Millionen geschätzt. Für Chemnitz ist die Entscheidung von Gunzenhauser ein Glücksfall. Hatten die Kunstsammlungen der Stadt doch rund 1000 Werke vor allem von Künstlern des 20. Jahrhunderts verloren, als die Nazis solche Werke als «entartete Kunst» aus den Sälen verbannten.

Das hatte eine empfindliche Lücke gerissen. Inzwischen besitzen die Städtischen Kunstsammlungen wieder rund 55 000 Werke vorwiegend des 19. und 20. Jahrhunderts. Wichtigster Teil der rund 1500 Stücke umfassenden Gemäldesammlung ist eine Kollektion von mehr als 50 Bildern des Expressionisten Karl Schmidt-Rottluff, der hier 1884 geboren wurde. Im Bestand befinden sich zudem Arbeiten von Heckel, Pechstein, Munch, Feininger, Dürer, Rodin, Liebermann, Barlach, Lehmbruch oder Beuys.

Nun soll das «Museum Gunzenhauser» an einem repräsentativen Ort mitten in der Stadt dazukommen. Domizil für die Ölbilder, Aquarelle und Zeichnungen wird ein zwischen 1928 und 1930 errichtetes Sparkassengebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung stiftet das von ihr nicht mehr genutzte Gebäude, dessen 5,7 Millionen Euro teure Sanierung der Stadtrat im Mai absegnete. Die Mittel sollen aus privaten und öffentlichen Kassen fließen, der Umbau im nächsten Jahr beginnen und 2005 soll das «Museum Gunzenhauser» öffnen.

Die Stadtväter haben Lehren aus dem Streit mit dem in Bayern lebenden Schriftsteller und Kunstsammler Lothar-Günther Buchheim gezogen, der seiner Geburtsstadt in den 90er Jahren seine auf rund 600 Werke geschätzte Expressionisten-Sammlung schenken wollte. Damals waren die Pläne ohne Absicherung der nötigen Finanzierung an die Öffentlichkeit gelangt, ein entsprechender Museumsneubau dann an fehlenden rund 7,7 Millionen Euro gescheitert.

Als «unbekannter Privatsammler» hatte Gunzenhauser bereits 1998 mit rund 150 Bildern seiner Sammlung für Aufsehen gesorgt, sich aber erst vor etwa zwei Jahren als Eigentümer der Schätze «geoutete». Das Angebot einiger Räume im neuen Bildermuseum der Messestadt lehnte er ebenso wie eine Offerte aus Dresden ab.