Mode Mode: Wolfgang Joop debütiert als Romanautor

Hamburg/dpa. - «Der Leser wird mir erlauben, dass ich von mir inder dritten Person berichte. So werde ich weniger versucht sein zulügen.» Ein Schlüsselsatz aus Wolfgang Joops erstem Roman «ImWolfspelz» steht auf dem Umschlag des soeben erschienenen Buches.Das Werk ist eine Mischung aus Realität und Fiktion - nicht wenigerschillernd als die Person des Modedesigners selbst.
Joop erzählt nicht nur seine Lebensgeschichte nach, sondernliefert mehr als einen hübsch garnierten Leckerbissen fürKlatschhungrige. Natürlich werden deren Erwartungen auch bedient, undes fehlt auch nicht an schwülstigem Pathos. Doch die ÄhnlichkeitWolfgang Joops mit seiner Figur Wolf, einem ermüdeten Modemacher aufder Suche nach Liebe und Authentizität in New York, bricht bewusstmit den Regeln strenger Literaturwissenschaft. Diese unterscheidetscharf zwischen Autor und Erzähler. Andererseits haben schon vieleRomanciers mit solchen Grenzen gespielt wie auch Biografen durchausFiktives in ihre Texte einfließen lassen.
Die Modejournalistin Diana Vreeland bezeichnete ihre fantasievollausgeschmückten Memoiren «D.V.» als «Faction» und unterstrich dasdichterische Element in einem dokumentarischen Text. Joop seinerseitsbetont den realen Hintergrund seiner Erfindung und nennt sein Bucheine «Autofiktion». Seiner Figur, die sich in einem Brief zu Anfangals Erzähler vorstellt, gibt er konsequenterweise den Namen Wolfgangbeziehungsweise Wolf.
Dass der 58-Jährige das Einmaleins des Schreibens beherrscht, wirdschnell deutlich. Da trifft seine Figur Wolf im Flugzeug auf einenjüngeren Mann namens Daniel Ajzensztejn, unterwegs zu einem Treffendeutsch-jüdischer Emigranten. Im wahren Leben ist Ajzensztejn JoopsHamburger Anwalt und zudem ein hochangesehener Mann: Er war bis vorkurzem Mitglied im Präsidium des Zentralrats der Juden.
Joop webt in die Begegnung das beeindruckende Schicksal vonAjzensztejns Vater, einem Widerstandskämpfer gegen die Nazis.Gleichzeitig zeichnet er die Figur Daniel durch geschicktesVerknüpfen von Symbolen als Engelsgestalt. Das Buch von Simone Weil,das Daniel dem Modemann Wolf schenkt, wird diesem zu einer ArtRettungsanker auf dem Weg durch die von Sex und Drogen regierte NewYorker Szene.
Doch leider wird das Motiv der den Designer begleitendenSchutzengel in der Folge überstrapaziert. Das gesamte Buch ist einMix aus nachlässig dahingeworfenen und dann wieder gutausgearbeiteten Passagen. Es gibt gelungene Figuren wie Wolfsseltsamen Begleiter Favoloso, eine Mischung aus Simplex, Faun undMephisto. Andere Gestalten wie etwa der drogensüchtige Strip-TänzerJosh, in den sich Wolf verliebt, wirken wie Abziehbilder.
Joop greift das alte literarische Thema von Überdruss undLangeweile, Sehnsucht und Erlösung auf, baut aber auch witzigeKarikaturen realer Personen ein - etwa die Zeichnung eines inSprechblasen salbadernden Moderedakteurs aus Deutschland.Küchenphilosophie steht neben weiser Einsicht, und dazwischen belltgroteskerweise ein kleiner Hund mit Namen Wolfi. «Plaire etinstruire» - gefällig unterhalten und belehren - lautete das Mottodes Fabeldichters La Fontaine. Wenn nicht letzteres, so ist WolfgangJoop doch ersteres gelungen.
Wolfgang Joop: Im Wolfspelz; Eichborn Verlag, Frankfurt/Main304 S., Euro 19,90; ISBN 3-8218-0946-9