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Mit Sex und Seele Mit Sex und Seele: Sänger Dirk Zöllner plaudert aus seinem bewegten Liebesleben

Von Steffen Könau 05.01.2018, 18:16
Dirk Zöllner ist Songschreiber, Sänger, Rockstar, Soulröhre, Theaterdarsteller und nun zum zweiten Mal als Buchautor.
Dirk Zöllner ist Songschreiber, Sänger, Rockstar, Soulröhre, Theaterdarsteller und nun zum zweiten Mal als Buchautor. Eulenspiegel Verlag

Halle (Saale) - Mit Mitte 50 noch ein neues Gewerk lernen, wo doch in der vor fünf Jahren vorgelegten Biografie schon die Rede von zahlreichen Talenten ist? Für Dirk Zöllner, in der DDR Teeniestar und Soulröhre und heute hauptberuflich als „freischaffender Überlebenskünstler“ (Zöllner) unterwegs, kein Problem. Nach der Lebens- und Liebesbeichte „Die fernen Inseln des Glücks“ legt der Berliner Musiker, Songschreiber und Theaterdarsteller mit „Affenzahn“ (hier bei Amazon bestellen) ein zweites Buch vor, das 151 Seiten mit mehr oder weniger biografischen Notaten füllt.

„Affenzahn“: Dirk Zöllner plaudert, wie ihm der Schnabel gewachsen ist

Zöllner, der Teenieschwarm der Tage mit „Käfer auf’m Blatt“ und ewige Frauenliebling, gibt hier Einblicke in sein Inneres, die keine chronologische Ordnung kennen. Es geht um die Band und die anhaltende Faszination des Musikmachens, um die sechs Kinder, die er mit vier Frauen hat, um Topmodel-Fernsehsendungen, die Zusammenarbeit mit Dirk Michaelis und André Herzberg und die in der Musikbranche heute übliche „Herstellung von Klangwürsten am Fließband“ (Zöllner).

Kein gutes Haar bleibt da an einer Branche, die Sänger züchtet, statt nach Künstlern Ausschau zu halten. Stromlinienform ist gefragt, nicht mehr Einzigartigkeit, wie sie die von Dirk Zöllner bewunderte Silly-Sängerin Tamara Danz verkörperte.

Zöllner, der seine erste Gitarre nach der Jugendweihe geschenkt bekam, dann aber so eifrig übte, dass er schon zwei Jahre später zum ersten Mal öffentlich auftreten konnte, plaudert in den meist nur drei, vier Seiten langen Miniaturen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Mit seiner ersten Band Chicorée ging Zöllner einst daran, den Soul in die DDR zu holen. Jetzt bricht er Tabus. Offenherzig gesteht er, dass er es für ungesund hält, zu viel zu wissen. „Nach meiner Erfahrung verliert der Mensch bei der vertieften Beschäftigung mit einem Thema den Blick auf das Gesamtbild“, gibt er Einblick in ein grundlegendes Stück Zöllner-Philosophie. Wissen ist nicht Macht, sondern es hindert zuweilen an Wahrhaftigkeit. Die aber, so Dirk Zöllner, sei letztenendes viel wichtiger als eine Wahrheit, die von Mehrheiten bestimmt werde.

Dirk Zöllner schreibt über „Die Ambivalenz des Lebens“

Als freier Geist, wie er sich nennt, will sich der gebürtige Berliner dem nicht unterwerfen. Mit einer Flasche Rotwein in der Hand schreibt er über „Die Ambivalenz des Lebens“, ein Kapitel, das nichts von dem verbirgt, das bei normalen Menschen im Inneren stattfindet. Zöllner, der für eine Hauptrolle in der Aufführung des Musicals „Fame“ am halleschen Opernhaus bis kurz vor der Premiere Schauspielunterricht nahm, entblättert sein Sex- und sein Seelenleben. Die Gefühle, die Liebe und die Eigenliebe, das Finden und das Verlassen - mit 50 erwischt es ihn, der zu schönen Frauen selten nein gesagt hat, noch einmal mit voller Wucht: Herzwinter!

Keine Chance mehr, Songs zu schreiben. Keine Lust mehr, kreativ zu sein. Nur noch Katzenjammer im Niemandsland, bis die Neue kommt, die der immer so sehr begehrte Künstler nun anders betrachtet als alle zuvor. „Ich habe gelernt, die Frau als einen ganz normalen Menschen zu sehen“, versichert er, „ich habe es geschafft, mich über die sexuelle Begierde zu erheben.“ Lieber schaue er sich heute einen Porno an, gesteht Dirk Zöllner, als „mit meinem männlichen Fortpflanzungsinstinkt eine Frau zu verletzen“.

Die Beichte eines Geläuterten, der nach ein paar Gläsern Wein keinen Zweifel mehr hat: „Ja, ich liebe mich!“ Das ist positiv gemeint, ein Geständnis, aus dem Zöllner ableitet, wie er die Welt sieht: Ein bisschen realistisch, ein bisschen als Phantast, ein ewiges Kind, das beim Blick aufs Konto mit dem Kapitalismus hadert, sich aber gewiss ist, dass Demokratie zum jetzigen Zeitpunkt der Evolution nur im Kapitalismus möglich sei. „Weil nur der Kapitalismus sich Demokratie leisten kann.“ (mz)

››Dirk Zöllner, Affenzahn, Eulenspiegel-Verlag, 151 Seiten, 12,99 Euro (hier bei Amazon bestellen)