Mike Kilian Mike Kilian : Am Abend mancher Tage

Halle (Saale) - Das Erstaunliche ist doch, wie die Doppelbelastung zu dreifachem Spaß führt. Seit einem Jahrzehnt schon ist Mike Kilian wieder mit seiner Stammband Rockhaus unterwegs, seit 2009 machen die fünf Freunde sogar wieder regelmäßig neue Alben zusammen. Drei sind es inzwischen, für die Mike Kilian jeweils Texte und Musiken geschrieben hat. Und trotzdem hat der 54-jährige Berliner, dessen straffe Sportlichkeit an die des großen Kollegen Sting erinnert, es geschafft, nebenbei noch vier Soloalben herauszubringen.
Ohne Rockhaus
Nummer fünf ist auch schon fertig, überschrieben „Wünsch mir Glück“ und wieder eingespielt beim Soundzauberer Rainer Oleak, der bei einigen Songs auch mitspielt. Die sind eine Art Mischung aus der sanften, akustischen Note des Vorgängers „N8wache“, bei dem Kilian zum ersten Mal fast völlig auf rockige Töne verzichtete und stattdessen mit akustischen Gitarren und Moll-Akkorden Lagerfeuerromantik verbreitete. Und den früheren Solo-Arbeiten, die immer auch ein Versuch waren, Rockhaus-Rock mit Hilfe des halleschen Gitarristen Christian Sorge, abern eben ohne Rockhaus zu machen.
Ein kleines Hoffnungslämpchen entzünden
Seit es die Band wieder gibt, die längst auch wieder größere Hallen füllt, kann sich Kilian auf seine weiche Seite konzentrieren. Die zwölf neuen Songs sind langsame, schmeichelnde Lieder über Beziehungen und Enttäuschungen, über Einsamkeit und Trauer, in denen es Kilian aber immer gelingt, irgendwo ein kleines Hoffnungslämpchen zu entzünden.
Der „Käpt’n Blei“ (Liedtitel), als der er durch die überwiegend dunklen 90er Jahre ging, ist verschwunden. Kaum zu hören ist hier aber auch der Stimmakrobat, als der Kilian vor 20 Jahren beim internationalen Projekt „Wagnerama“ zeigte, dass er Meat Loaf in Grund und Boden singen könnte.
Witze und Geschichten
Weg mit dem Orchesterrock, weg mit E-Gitarren und Schlagzeug. Wie auf „N8wache“ reichen hier meist zwei Gitarren, ein wenig Klavier und ein paar Gesangspuren, um Lieder wie „Lügen“, „Danke“ oder „Echte Freundschaft“ zu blitzenden Perlen zu polieren. Es wird geflüstert statt zu schreien, es werden verrückte Geschichten erzählt und augenzwinkernd Witze der leisen Art gerissen.
Mike Kilian erfindet sich als Liedermacher neu, doch ist er keiner von der Art, die Trübsinn von der Bühne bläst. Auch „Wünsch mir Glück“ lebt vom galligen Humor des Mannes, der einst angekündigt hatte, seine Band werde die Puhdys in Rente schicken. Operation gelungen, wenn auch mit Verspätung: Die Puhdys sind fort, Kilian und Rockhaus sind noch da.
Vorführung mit Gänsehaut
Der Chef allerdings spielt hier hörbar außer Konkurrenz. Stücke wie „Hilf mir“ sind mehr Gebete als Popsongs, mehr Selbstermutigung als Futter für Hitparaden. „Wir sollten mal wieder miteinander reden“, singt er, „leben im Jetzt und hier, nichts ist für immer, erst recht nicht wir.“ Mike Kilian klingt hier aufgeräumt und gutgelaunt, er singt mit sich selbst im Chor, die Stimme macht Gänsehaut.
Am Abend mancher Tage ist das die richtige Musik, zumal Kilian der Verführung des Moll widersteht und mit dem Titelstück oder auch dem beschwingten „Freund oder Feind“ Lieder dabei hat, bei denen er seine erklärte Vorliebe zur irischen und italienischen Musik ausleben kann. Bei „Danke“ ist es ein Walzer, der an Queens „Millionaire Waltz“ erinnert, bei „Kein Ende“ zitiert er den ewigen Fußball-Schlager „Ein Tag so schön wie heute“ und das finale „Immer eine Wahl“ ist dann eine Vorführung in exzellentem A-capella-Gesang.
Kilian feiert die Record Release Party seines neuen Albums am 19. August im Neuen Theater in Halle.
www.mikekilian.de
(mz)