Michael Rösch Michael Rösch: Bunter Hund im Ostrock-Universum
Halle/MZ. - Doch nicht erst durch die wurde Rösch zum bunten Hund im Ostrock-Universum. Wer in den letzten zwei Jahrzehnten auch nur hin oder wieder zu Rockkonzerten in Halle, Leipzig oder Landsberg ging, lernte den begeisterten Musikliebhaber beinahe zwangsläufig kennen. Wo immer eine Gitarre eingestöpselt wurde, war Michael Rösch, in der Szene nur "der Micha" genannt, nicht weit. Ob Karat oder Renft, Puhdys und Gundermann, Silly oder Die Sieben Leben - Rösch liebte sie alle.
Und er wusste alles von ihnen. Wer wann mit wem spielte, welcher Titel auf welcher CD zu finden ist - der studierte Bauingenieur, der nach der Wende zum Steuerberater umschulte, vermochte jede noch so komplizierte Frage wie im Vorbeigehen zu beantworten. Glühender Fan jeder Art von handgemachter Musik war der gebürtige Dessauer früh geworden. Schon zu DDR-Zeiten sammelte Michael Rösch Amiga-Platten, las "Melodie & Rhythmus", fuhr zu Konzerten und suchte Kontakt zu Musikern wie dem Renft-Mann Peter "Cäsar" Gläser, Komponist seines Lieblingsliedes "Wer die Rose ehrt", oder der Leipziger Sängerin Susanne Grütz, die er ganz besonders verehrte. Nach dem Ende der DDR dann wurde er zum Archivar ihres musikalischen Nachlasses: Tausende und Abertausende CDs, Platten und Bücher füllten zimmerhohe Regalwände in seiner Wohnung hoch über dem halleschen Riebeckplatz.
Als ihm sein Chef vor drei Jahren kündigt, wird das Hobby dem glühenden Lokalpatrioten zu Halt und Lebensinhalt zugleich. Michael Rösch frickelt nun Tag und Nacht an seinen Internetseiten, er entwirft Logos, bastelt Aufkleber, versucht, die Szene zu vernetzen. Bei Radio Corax in Halle moderiert er die Sendung "Rocktrabant", er verfasst Plattenkritiken und Konzertrezensionen, organisiert Fantreffen und hofft Jahr für Jahr mit nie erlahmender Zuversicht, dass es diesmal wirklich ein Künstler aus Halle bis in die Hitparaden schafft.
Er ist immer enttäuscht worden, und war doch nie enttäuscht. Michael Rösch saß weiter jeden Sonntag in seiner Lieblingskneipe und schwärmte glühenden Auges von neuen Songs seiner alten Helden. Er plante eine Radiosendung, die trotzig "Halle rockt" heißen sollte. Und er freute sich darauf, Mitch Ryder und Engerling Anfang Februar in Halle zu erleben.
Die Ostrocker und der Reibeisen-Ami werden ohne ihn feiern müssen. Michael Rösch ist am Tag vor Silvester tot in seiner Wohnung gefunden worden, gestorben nach einem Zuckerschock. Ostdeutschlands Rock-Papst, der auf eine sehr leise Weise unüberhörbar gewesen ist, wurde nur 43 Jahre alt. Die Ostrockforen tragen Trauer.