1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Merseburger Kunsthaus Tiefer Keller: Merseburger Kunsthaus Tiefer Keller: Sehnsucht nach Berührung

Merseburger Kunsthaus Tiefer Keller Merseburger Kunsthaus Tiefer Keller: Sehnsucht nach Berührung

Von Andreas Montag 06.06.2020, 14:38
Iris Bodenburg: „Verlobte“, Aquarell, Bleistift auf Kahari-Bütten, Nepal
Iris Bodenburg: „Verlobte“, Aquarell, Bleistift auf Kahari-Bütten, Nepal Iris Bodenburg

Merseburg - Passender hätte Iris Bodenburg den Titel für ihre Ausstellung nicht wählen können: „Sehnsucht nach Berührung“. Das trifft perfekt den Ton der meisten, überwiegend neuen Bilder, die die hallesche Malerin und Meisterschülerin Werner Tübkes vom Dienstag an im Merseburger Kunsthaus Tiefer Keller zeigt - und beschreibt zugleich, was viele in Zeiten Corona-bedingter Distanz empfinden.

Wegen der geltenden Abstandsregeln wird die Ausstellung erst jetzt und mit einigen Einschränkungen eröffnet, die geplante Vernissage fällt natürlich aus. So hat die Dramaturgin und Autorin Cornelia Nitzschke aus der Not eine Tugend gemacht und ihre Rede, in der sie die Künstlerin und ihre Arbeit warmherzig würdigt, am Donnerstag vor einer Kamera gesprochen: Vor den Bildern stehend - und natürlich in fast leerem Saal.

Den Besuchern der Ausstellung, die einzeln oder in kleinen Gruppen willkommen sind, wird das Video gezeigt werden, auch auf der Internetseite der Domgalerie und bei YouTube soll es zu sehen sein. So gibt es dann doch eine Eröffnung.

Iris Bodenburg, seit vielen Jahren freischaffend, arbeitet in ihrem Atelier inmitten und über der Stadt Halle. Den Schwebezustand zwischen Nähe und Ferne überträgt sie in ihre Bilder. Faszinierend, wie sie Brücken zur Mythologie, zu Motiven großer Kollegen wie Giovanni Lorenzo Bernini oder zur Poesie anderer Völker schlägt. Alles findet zu Einheit und Harmonie in ihren Werken, die sie auf Bütten aus Asien malt. Eine anspruchsvolle Technik, weil die Farbe mit der Faser des Malgrunds verläuft, was bedacht und beherrscht sein will.

Dieser „Look“ verleiht den Bildern von Iris Bodenburg eine tiefe Schönheit, die ebenso entrückt wie lebensnah und sinnlich ist. Verstärkt wird das noch durch die ausgewogene Farbgebung, bei der Iris Bodenburg oft auch Gold, den Ton des Lichts, einsetzt, wodurch die suggestive Kraft dieser Arbeiten noch an Wirkung gewinnt.

Es geht hier stets um starke Gefühle - wie auf jenem zentralen Bild der Schau, das dem italienischen Barockmeister Giovanni Lorenzo Bernini gewidmet ist. Ein nackter, weiblicher Torso, dem Betrachter den Rücken kehrend, ist in inniger, körperlicher Umarmung zu sehen. Gleichfalls als Rückenakt ausgeführt ist „La Femme ikognito“, während „Undine“, die sagenhafte Nymphe, porträtiert ist, wie sie gerade dem Wasser entsteigt, um bei den Menschen Glück und Liebe zu suchen. Unglücklich geht es aus. Und das Wissen darum koloriert den Bildhintergrund mit.

Fast immer sind es Frauengestalten, die Iris Bodenburg inspirieren, „Leda“ ist dabei, auch „Venus Principle“, die Göttin der Liebe, die sich hier selbst gebiert. Immer geht es dabei um die Sehnsucht nach Erfüllung und Fragen von zeitloser Wichtigkeit, die im Denken, Fühlen und Malen der Künstlerin eine große Rolle spielen: „Woher kommen wir, wohin gehen wir?“ Auf dem Bild „Dream Walking“ sieht man eine nackte Frau, die mit der Landschaft, auf die sich zugeht, zu verschmelzen scheint.

Auch ein paar ältere Arbeiten sind in der Schau vertreten, Stier und Torero, klassische Motive von Iris Bodenburg fehlen nicht. Dazu die „Verlobte“ mit ihrem hinreißenden Blick. Und das „Kolkvolk“, schwarze Schicksalsvögel. Auch sie passen in die Zeit.

Kunsthaus Tiefer Keller, Merseburg, Tiefer Keller 3, bis 10. Aug., Di u. Do 9-14 und 15-18 Uhr, Mi u. Fr 9-14, Sa 10-14 Uhr

Das Kunsthaus im Internet: www.domgalerie-merseburg.de (mz)

Iris Bodenburg: „Gefühl. Nach Giovanni Lorenzo Bernini / Rom“, Aquarell, Bleistift auf Kahari-Bütten, Nepal
Iris Bodenburg: „Gefühl. Nach Giovanni Lorenzo Bernini / Rom“, Aquarell, Bleistift auf Kahari-Bütten, Nepal
Iris Bodenburg
Iris Bodenburg: „Kolkvolk“, Kohle, Aquarell auf Awagami-Bütten aus Japan; diese Schicksalsvögel fügen sich wie die Sehnsucht passend in die Gegenwart.
Iris Bodenburg: „Kolkvolk“, Kohle, Aquarell auf Awagami-Bütten aus Japan; diese Schicksalsvögel fügen sich wie die Sehnsucht passend in die Gegenwart.
Iris Bodenburg