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"Menschen bei Maischberger" zum Absturz von 4U9525 "Menschen bei Maischberger" zum Absturz von 4U9525: Ursachenforschung nach der Airbus-Katastrophe

Von Janine Gürtler 25.03.2015, 07:10

Europa steht unter Schock. 150 Menschen waren an Bord des Unglück-Airbus der deutschen Lufthansa-Tochter Germanwings, der am Dienstag in den französischen Alpen abstürzte. Kein einziger von ihnen hat den französischen Behörden zufolge überlebt. Noch wissen wir nur wenig über die Umstände. Fragen nach der Unglücksursache konnten und wollten weder der Lufthansa-Konzern noch die deutschen und französischen Behörden am Dienstag beantworten.

Umso anspruchsvoller ist der Versuch der ARD, am Tag der Katastrophe in einer Talkshow Antworten darauf finden zu wollen. Zu „Menschen bei Maischberger“ hatte Moderatorin Sandra Maischberger Rennfahrer, Pilot und Luftfahrtunternehmer Niki Lauda sowie Jörg Handwerg, Sprecher der Vereinigung Cockpit und ebenfalls Pilot, eingeladen. Angereist waren auch Bernd Gans, der seine Tochter beim Absturz einer Air France-Maschine vor sechs Jahren verlor und Notfallseelsorgerin Sybille Jatzko.

Frage nach dem Terroranschlag

Immer wieder hatten sich Politiker, Behörden und Lufthansa im Verlauf des Dienstags gegen Aussagen zu möglichen Szenarien im Cockpit der Maschine A 320 gewehrt. „Keine Spekulationen“ war auch die Bitte von Angela Merkel. Maischberger aber forderte genau diese in der Talkrunde heraus: „Ist der Gedanke an einen Anschlag ein komplett dummer Gedanke?“ fragte sie mit Hinweis auf das offenbar klare Wetter und den guten Ruf, den die Airbusmaschinen in Sachen Sicherheit bisher genossen. Sie bekam – wie zu erwarten – keine eindeutige Antwort. Jörg Handwerg sagte zwar, dass man nichts ausschließen könne. Spekulationen seien jedoch nicht zielführend und zudem schmerzhaft: „Die Angehörigen durchleben jedes Szenario mit.“

Quälende Fantasien

Eine möglichst schnelle Gewissheit ist das, was Seelsorgerin Sybille Jatzko im Hinblick auf die Angehörigen der Opfer fordert. Gerade in der ersten Phase der Desorientierung würden viele von den eigenen Fantasien gequält. Dass die Angehörigen noch am Dienstagabend in das nahe Digne-Les-Bains eingeflogen wurden, um die Leichen identifizieren, sei daher wichtig für die Verarbeitung des Traumas.

Ebendiese Gewissheit blieb Bernd Gans lange Zeit verwehrt. Er verlor seine damals 31-jährige Tochter bei dem Absturz des Air-France-Fluges AF 447 im Jahr 2009 über dem Atlantik. Noch heute macht er der Airline Vorwürfe, eine Politik der Fehlinformation gegenüber den Angehörigen der Opfer betrieben zu haben. Die Ursache des Absturzes wurde erst zwei Jahre später aufgeklärt.

Trotz der Versicherung von Maischberger, man wolle keine Spekulationen anheizen, bestimmen diese zu weiten Teilen den Abend. Dabei eindeutig fehl am Platz: Die Bemerkung des Reporters während der Live-Schalte aus Digne-Les-Bains. Der Korrespondent berichtet über Wölfe in der Absturzregion und schließt mit der Andeutung: „Man mag sich nicht ausmalen, was da jetzt passiert.“ Soviel zu den quälenden Fantasien, die die Angehörigen in diesem Moment nicht gebrauchen können.

Fehler in der Bauweise?

Völlig um Spekulationen zur Unglücksursache kommt man wohl aber einfach nicht herum: Cockpit-Sprecher Handwerg sieht die Problematik vor allem in der Bauweise des Airbus A 320. Das Flugzeug sei nach der Philosophie entstanden, dass die Technik den Risikofaktor Mensch überwacht. Befehle, die der Pilot eingebe, würden immer noch einmal geprüft. Weil aber auch die Programmierer der Bordcomputer nicht unfehlbar seien, seien bestimmte Notfallsituationen gar nicht vorhergesehen.

Schlecht ausgebildete Piloten in Billig-Airlines?

Auch das Thema Konkurrenzkampf von Billig-Airlines kommt zum Ende der Sendung auf den Tisch. Maischberger fragt provokativ, ob Flüge ab 29 Euro zu schlecht ausgebildeten Piloten und defekten Maschinen führe. Lauda betont, dass in Europa alle technischen Vorschriften eingehalten und kontrolliert werden. Außerdem seien Piloten auf höchstem Standard ausgebildet – das sei auch bei Billig-Airlines der Fall. Handwerg sieht das als Interessenvertreter der Piloten kritischer: Die müssten durch das Modell Billig-Airline teilweise als Scheinselbstständige arbeiten.

Antworten auf die drängendsten Fragen nach dem Unglück konnte die Sendung am Dienstag nur teilweise geben. Alles andere waren Spekulationen. Und so blieb die einzig verlässliche Info an diesem Abend die Ansage von Niki Lauda: Dass erst die Auswertung der Flugschreiberdaten weitere Erkenntnisse bringe.