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"Menschen bei Maischberger" zu Sekten "Menschen bei Maischberger" zu Sekten: Wenn der Guru immer mehr Geld fordert

Von Timo Lehmann 04.03.2015, 06:33
Sandra Maischberger diskutierte über christliche und andere Sekten.
Sandra Maischberger diskutierte über christliche und andere Sekten. Symbolbild: dpa Lizenz

„Aber trotzdem sollte man die Sinnsuche nie aufgeben“, sagt Britta Saxx nach 75 Minuten Sekten-Talk bei „Menschen bei Maischberger“. Wo hört die Sinnsuche auf, wo beginnt die Abhängigkeit? „Die Psychotricks der Gurus: Glauben, Glück, Gehirnwäsche?“, fragte sich die Runde der Aussteiger am späten Dienstagabend.

Den Einstieg macht das Model Britta Saxx. In den jungen Jahren ihrer Karriere verfiel sie einem Guru, der ihr mit esoterischen Methoden den großen Erfolg versprach. Mit Anweisungen fing es an, in ihrer Erfolgssituation gab er ihr Halt: „Er war immer die beschützende Person.“ Schließlich musste sie aus ihrer Wohnung raus, weil sie ihre Miete nicht mehr bezahlte und lebte teilweise nur von 20 Euro im Monat. „Er wollte immer mehr Geld haben.“

Von einen Tag auf den anderen wachte Saxx auf und stieg aus. Noch heute zahlt sie Schulden zurück.

Kontakt zu Eltern abgebrochen

Judith Mühlbacher war zwei Jahre alt, als ihre Eltern sich entschieden, einem christlichen Gruppenführer zu folgen, der eine Lehre aus dem 19. Jahrhundert vertritt. Mit einem apokalyptischen Szenario legitimierte die Gruppe die Ausübung von Macht und Gewalt an den Kindern. „Die Erde ist ein Jammertal. Im Tale reift die Seel“, verbreitete die Sekte. „Ich habe mir immer gewünscht zu sterben“, sagt Mühlbacher, die schließlich mit dem Guru brach.

Der 29-jährige Sascha Erdmann lebte 27 Jahre seines Lebens in einer besonders ungewöhnlichen Sekte. Der erfolgreiche Fotograf wuchs in einer Gruppierung auf, die nach außen ein erfolgreiches Medienunternehmen darstellt, im Inneren werden mit Botschaften und Bedrohungen – angeblich direkt von Gott übermittelt – die Mitglieder gelenkt. Als er davon erfuhr, dass der Guru sexuellen Kontakt zu den Frauen der Gruppe hat, stieg er aus. „Da ging ein Denkprozess los.“ Seine Eltern leben heute noch in der religiösen Gemeinschaft. Kontakt gibt es nicht mehr.

Kommune von Künstler Otto Muehl

Wie unterschiedliche die psychologischen Machtspielchen in einer Sekte funktionieren, zeigt das Beispiel von Maria Diederichs. Die frühere Otto Muehl-Kommunardin erlebte in den 1970ern die sexuelle Revolution in der Sekte des Aktionskünstlers Otto Muehl, der später wegen Missbrauchs Minderjähriger zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde.  Wie sie die Augen verschließen konnte vor den vielen falschen Entwicklungen, kann sie sich heute auch nur schwer erklären. Monogamie war verboten: Als sich Diedrichs verliebte, wurde sie strafversetzt; später heiratete sie den Mann.

Als Experte komplettiert Dieter Rohmann die Talk-Runde. Der Diplompsychologie hält fest, dass es grundsätzlich jeden treffen kann. Der  Begriff „Gehirnwäsche“ sei hier nicht angebracht, vielmehr würden die Gurus eine Bewusstseinskontrolle bei den Opfern durchführen.

Nachdem es in der letzten Woche und der Putin-Diskussion bei „Maischberger“ ziemlich gekracht hatte, war diese Ausgabe eher eine Enttäuschung. Trotz brisanter Einzelfälle wie der von Erdmann und Saxx blieb die Runde emotionslos. Eine grundsätzliche Annährung, wann die Glaubensfreiheit bei einem gefährlichen Kult endet, ein Austausch zwischen den Gästen, blieb leider völlig aus.

Sandra Maischberger
Sandra Maischberger
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Otto Muehl im August 1998
Otto Muehl im August 1998
dpa Lizenz