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"Menschen bei Maischberger" "Menschen bei Maischberger": DDR-Hymne als Klingelton

Von Markus Decker 01.10.2014, 06:26
War die DDR ein Unrechtsstaat?
War die DDR ein Unrechtsstaat? dpa Lizenz

Berlin - Man weiß nicht, ob Sandra Maischberger sich im Vorfeld ihrer Sendung am Dienstagabend einen Erkenntnisfortschritt erhofft hatte. Sollte es so gewesen sein, muss man sagen: Die Hoffnung hat getrogen.

Das Problem der ARD-Talkshow begann schon mit dem Titel: „25 Jahre Wende: War die DDR Heimat oder Unrechtsstaat?“ Hier wurde ein Gegensatz konstruiert, der so nicht existiert und der von den meisten DDR-Bürgern so auch nicht empfunden wurde. Heimat nämlich ist nie das politische System, sondern Landschaft, Menschen, Kultur, Sprache.

Das zweite Problem war die Zusammensetzung der Runde. Sieben Gäste, das ist einfach zu viel – zumal, wenn die schiere Zahl dazu führt, dass die Sendung in ihre Einzelteile zerfällt. Zunächst durften die DDR-Relativierer Dagmar Frederic und Peter-Michael Diestel sagen, warum es im zweiten deutschen Staat trotz allem auch Gutes gab. Frederic bekam vor der Wende den DDR-Nationalpreis und salutierte kürzlich im Wachsfigurenkabinett neben Erich Honecker. „Der Mann ist nun mal ein Mann der Geschichte“, sagte sie. Nur: Was erklärt das?

Diestel wiederum hat als Handy-Klingelton die DDR-Hymne gewählt. Das ist schon ehrlicher. Zudem erklärte er, deren Rechtssystem sei bloß „überholungsbedürftig“ gewesen. Beides spricht für sich. Der Journalist Ernst Elitz versuchte, mit grundsätzlichen Bemerkungen dagegenzuhalten. Aber eine richtige Debatte entstand nicht.

Die konnte auch nicht entstehen. Denn Maischbergers Redaktion war auf den Gedanken verfallen, zwischendurch die Brüder Egbert, Holger und Ingo Bethke ins Studio zu holen, die auf abenteuerliche Weise Republikflucht begangen hatten, so unter anderem mit einem Kleinflugzeug. Ihre Episoden trugen zur Aufklärung nichts bei. Sie hatten bestenfalls unterhaltenden Charakter.

Bespitzelt vom Ehemann 

Zum Schluss kam die Moderatorin auf das Schicksal Ellen Thiemanns zu sprechen, die bei der Republikflucht erwischt worden war, in das berühmte DDR-Frauengefängnis Hoheneck eingeliefert wurde und später entdeckte, dass der eigene Ehemann sie bespitzelt hatte. Da wurde es wenigstens einmal prickelnd.

Freilich durfte Diestel an der Stelle ungehindert behaupten, dass es sich hier quasi um eine Art bedauerlichen „Einzelfall“ gehandelt habe. Die Staatssicherheit sei als „Geheimdienst außer Rand und Band geraten“. Tja, das kann man wohl sagen. Wie das möglich war – mal angenommen, es stimmte, und der Fehler lag nicht absichtsvoll im System – verschwieg der Jurist.

Dies war trotzdem der Höhepunkt der 75 Minuten. Doch leider sagte Sandra Maischberger just in dem Augenblick: „Ich muss mich entschuldigen. Ich habe eine tolle Diskussion angefacht; und jetzt ist die Zeit zu Ende.“

Irgendwie dumm gelaufen.

Sandra Maischberger
Sandra Maischberger
ARD Lizenz