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Meißner Porzellan Meißner Porzellan: Sachsens schönste Schwerter

Von ROLAND MISCHKE 22.01.2010, 10:10
Die Shopmanagerin Heike Sygusch betrachtet im neuen Meissen-Outlet der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen im Dresdner Quartier QF am Neumarkt Meissner Porzellan. (FOTO: DPA)
Die Shopmanagerin Heike Sygusch betrachtet im neuen Meissen-Outlet der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen im Dresdner Quartier QF am Neumarkt Meissner Porzellan. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

HALLE/MZ. - Wie ein Besessener sammelte er Kunstwerkeaus aller Welt, Hauptsache teuer und attraktivfürs Auge, und raffte dabei auch chinesischesPorzellan zusammen, im 16. und 17. Jahrhundertdie Luxusware schlechthin. August wollte mehrund mehr davon, mehr auch als seine Kassenhergaben - deshalb musste das "Arkanum" einzweites Mal erfunden werden. Das versprachGlanz für den Hof, der im Wettbewerb mit andereneuropäischen Höfen stand, Reichtum, Marktbeherrschung,großartige Handelsbilanzen und letztlich Unsterblichkeitfür den Kurfürsten.

Da kam ihm der gelernte Apotheker und AbenteurerJohann Friedrich Böttger gerade recht. Derwar ein Prahlhans und hatte in Preußen verkündet,er könne aus Silber Gold machen. PreußenkönigFriedrich I. kam das zu Ohren und er ließnach dem Goldjungen fahnden. Der merkte, alsdie Häscher auf seiner Spur waren, dass erdas Maul zu voll genommen hatte. Er setztesich nach Sachsen ab, doch auch da wurde erzur Fahndung ausgesetzt.

Böttger allein auf der Burg

August ließ ihn antreten und stellte ihnvor die Alternative: Auslieferung nach Preußenoder Gold für Sachsen. Böttger wählte daskleinere Übel und wurde unter Bewachung aufdie Meißner Albrechtsburg gebracht, wo erauf Baron von Tschirnhaus traf, einen Gelehrten,der das China-Porzellan penibel untersuchthatte. Mit dem Gold, das wurde nichts - BöttgersExperimente blieben glanzlos. Aber er nutztedie Vorarbeit von Tschirnhaus, der 1708 starb,und versprach in einem Schreiben an "IhroMajestät", er würde bald "Großes präsentieren".

Tatsächlich gelang Böttger die Herstellungdes europäischen Porzellans, das die Härte,Glätte und den Glanz des China-Porzellansbesaß. August war so begeistert, dass er denErfinder sofort unter Kuratel stellte, damitder seine Geheimnisse niemandem preisgebenkonnte. Der Grundstoff des Meißner Porzellanswar Kaolin, ein Material, das nach langerSuche nahe dem sächsischen Colditz und imerzgebirgischen Aue entdeckt wurde. Rund 150Jahre reichten die Vorkommen aus, um das sogeschätzte weiße Porzellan zu brennen. Weildas systematisch geschehen sollte, wurde heutevor 300Jahren in Meißen die erste Porzellan-ManufakturEuropas gegründet. Sie war von Anfang einunternehmerischer Erfolg. Bereits im Gründerjahrkonnten Adel, Großbürger und Kunsthändlerauf der Leipziger Ostermesse erste Böttger-Fabrikationenbestaunen. Noch war die Qualität nicht besondersgut, das Porzellan nicht reinweiß, aber dieMarketingmaschinerie lief auf Hochtouren.

Der Hochadel kauft ein

Sämtliche Fürstenhäuser des Kontinentsentsandten Späher nach Sachsen, an einigeneuropäischen Höfen sowie in Florenz, Straßburgund Bordeaux, in Nürnberg, Frankfurt und dembadischen Durlach wurde ebenfalls experimentiert.Aber die Fayencen von dort waren nie so nobelwie das "Fürstengut" aus Meißen, das weißeGold mit den blau gekreuzten Schwertern. 1713begann mit uneinholbarem Vorsprung für dieKonkurrenz der Verkauf. Meißner Porzellangelangte zunächst nur auf die Prunktischeder Höfe - etwa in Versailles - und des Hochadels,es verdrängte Silber und Zinngeschirr. NiedererAdel und Bürger konnten sich das empfindlicheGut, das schwer zu versichern und noch schwererzu transportieren war, noch lange nicht leisten.

Doch bald schon gab es in Städten wie Leipzigerste Kaffeehäuser, in denen das braune Nassaus Porzellankannen in Porzellantassen eingefülltwurde. Auch Prunkvasen aus dem Edelmaterial,sündhaft teuer, kamen in Mode. Zwar gab esim Laufe der nächsten Jahrzehnte auch Porzellan-Manufakturenin Berlin, dem schwäbischen Ludwigsburg oderim Frankental - aber Meißen gab die Führungnicht mehr aus der Hand. Bis heute.