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Max Schmeling Max Schmeling: «Eine Biographie in 15 Runden»

Von Ralf Jarkowski 13.10.2004, 10:30

Hamburg/dpa. - Über 15 Runden musste Box-Legende Max Schmeling in seinen 70 Profikämpfen nur vier Mal gehen. Jahrzehnte später folgt Nummer fünf - allerdings kein Kampf, sondern «Eine Biographie in 15 Runden». Der Berliner Publizist Volker Kluge hat mit dem 15. Buch in deutscher Sprache über das Leben des Jahrhundert-Sportlers neue Maßstäbe gesetzt. Kein Boxer- oder Box-Buch ist entstanden, sondern ein «literarisches Sachbuch», eine «kritisch hinterfragte Biographie» über den bald 99-Jährigen.

Die Fülle der Fakten haut einen um. Jahrelang hat Kluge («Die Quellenlage war gar nicht so schlecht») geforscht, Archive durchforstet, Dokumente studiert und Zeitzeugen befragt. Praktisch jede Information in den vier Autobiografien Schmelings - 1930, 1956, 1977 und 1995 erschienen - habe er kritisch überprüft und zum Teil neu bewertet. Allein 1382 Quellenverweise sprechen für die fundierte Fleißarbeit, aus der sich ein facettenreiches Bild vom Menschen und Sportler Max Schmeling, vom ersten und bis heute einzigen deutschen Boxweltmeister im Schwergewicht, ergibt.

Streiflichter aus der Zeitgeschichte Deutschlands und Amerikas sowie 50 Abbildungen und ein umfangreiches Personenregister ergänzen die nicht nur für Boxfans und Schmeling-Nostalgiker spannende Biografie. Wer wusste schon, dass in Deutschland am Tag nach Schmelings historischem WM-Titelgewinn am 12. Juni 1930 in New York heftig und bis in alle Einzelheiten über den Kampf gegen Jack Sharkey diskutiert wurde - nur: eine geplante Rundfunkübertragung war wegen eines Wolkenbruchs über New York überhaupt nicht zu Stande gekommen.

Keine «Heldensaga» wollte er schreiben, versichert Kluge. «Ich nehme den Mann, so wie er ist: Mit seinen Stärken, Schwächen und Widersprüchen.» Natürlich steht die einmalige Boxkarriere der ersten deutschen «Medienfigur» in der Rundfunk- und Tonfilm-Ära im Mittelpunkt. Aber das Buch schildert auch die Begegnungen Schmelings und seiner Frau Anny Ondra mit Hitler, die Nähe zur «befreundeten Familie» Goebbels, die Verstrickungen in den Nationalsozialismus und seinen umstrittenen Einsatz als Fallschirmjäger in Kreta.

1971 bekam Schmeling das Große Bundesverdienstkreuz, am 10. März 1993 gab er dem Journalisten Gunnar Meinhardt von der Deutschen Presse-Agentur sein letztes Interview. Daran kommt auch Kluge (Jahrgang 1944) nicht vorbei, der den Jahrhundert-Sportler nur ein Mal, 1990, traf. Bei aller kritischen Distanz des Autors spürt man Respekt. Expressis verbis im «gerechten Urteil», im letzten Satz eines bemerkenswerten Buches: «Max Schmeling, Deutschland - Sieger nach Punkten.»

Volker Kluge

Max Schmeling - Eine Biographie in 15 Runden

Aufbau-Verlag, Berlin

550 S.; 24,90 Euro

ISBN 3-351-02570-X