Martin Semmelrogge Martin Semmelrogge mit Rocky Horror Show in Leipzig

Berlin - „Dein Lächeln ist zwei Millionen Dollar wert.“ Das sagte einst US-Regisseur Steven Spielberg zu Martin Semmelrogge während der Dreharbeiten zu „Schindlers Liste“. Bekommen hat der Schauspieler die Summe freilich nicht für seinen filmischen Kurzauftritt als SS-Offizier - obwohl er einfach frech nachfragte und den Hollywood-Star damit kurzzeitig sprachlos machte. Nachzulesen ist das in Semmelrogges Autobiografie „Das Leben ist eine Achterbahn“.
Aktuell schenkt der Schauspieler sein verschmitztes Lächeln der „Rocky Horror Show“, die derzeit durch Deutschland tourt. Als Erzähler führt der 62-Jährige durch das Kult-Musical von Richard O’Brien, das schon 1973 Premiere feierte. Interaktion mit den Zuschauern ist ein Markenzeichen der Aufführung.
Der für sein loses Mundwerk bekannte Mime meistert das bei seinem Auftritt im vergangenen Freitag im Berliner Admiralspalast lässig. Am 12. und 13. Juni kann das Publikum in Leipzig versuchen, den Mann aus der Fassung zu bringen - sicherlich ein aussichtsloses Unterfangen.
Martin Semmelrogge hat in seinem Leben nichts ausgelassen
Der einstige Rotschopf ist nun ergraut und ein kleines Bäuchlein dehnt seinen grauen, schicken dreiteiligen Anzug. Der bekennende Rolling-Stones-Fan hat Keith Richards seit Langem zu seinem Helden auserkoren. Zufall ist das nicht – die Biografien der beiden haben viele Gemeinsamkeiten. Am besten wohl ausgedrückt mit Winston Churchills Ausspruch: „Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.“
Denn wie Richards, der beste schlechteste Gitarrist der Welt, hat Martin Semmelrogge nichts ausgelassen in seinem Leben. Unter anderem sorgten Heroin- und Alkoholsucht für einen Karriere-Knick. Als seine Schauspieler-Kollegen sich im Erfolg des Fernseh-Mehrteilers „Das Boot“, in dem er eine nicht unbedeutende Rolle spielt, sonnten, saß Semmelrogge im Knast in Landshut Bayern) ein - wegen Verkehrsdelikten und Drogenbesitzes.
Den Krisen seines Lebens begegnet der Schauspieler mit dem Mantra: „Ich schaue immer nach vorne und niemals zurück.“ Offenbar eine wirksame Methode. Die Öffentlichkeit sowie die Film- und Fernsehbranche haben ihm seine Eskapaden jedenfalls immer wieder verziehen. Das spitzbübische Lächeln und seine knarzende Stimme waren immer gefragt. Denn verzichten wollte niemand darauf, weil der Künstler stets authentisch war und auch offen mit seinen Schwächen umgegangen ist.
Semmelrogge hat „das Talent in die Wiege gelegt bekommen“
„Ich hatte das Glück, in einer Schauspielerfamilie aufgewachsen zu sein. Das Talent habe ich in die Wiege gelegt bekommen“, sagt er. Der älteste Sohn des Schauspielers und Regisseurs Willy Semmelrogge wuchs in dem baden-württembergischen Dorf Eckwälden auf. In seiner literarischen Replik erzählt er ausführlich von seinem frühen Lausbuben-Dasein. Schule hat ihn wenig interessiert. „Ich bin wohl nicht der Typ für Doktortitel“, schreibt er. Bereits im Alter von zwölf Jahren bekam Semmelrogge Engagements für Hörspiele. Wozu dann eigentlich noch die harte Schulbank drücken?
Früh zeichnete sich ab, wo die Zukunft des Teenagers lag. Dem Sprechen folgte das Spielen in zahlreichen Fernseh- und Film-Produktionen. Die bis heute anhaltende Passion Semmelrogges folgte wenig später: Zwei- und vierrädrige PS-Gefährte hatten es ihm angetan. Als Easy Rider verbrachte er längere Zeit in den USA. „Eine Harley Davidson steht in meiner Garage“, erzählt er nicht ohne Stolz. Wohl auch ein Grund für seine ungebrochene Liebe zum Heavy Metal.
Mehrere Verwandte wohnen in den Staaten – ein Familien-Strang der Semmelrogges hatte sich dort niedergelassen. „Der Ursprung meiner Familie liegt in Wilmersdorf in Berlin“, sagt er. Die Ironie des Schicksals will es, dass einige seiner Vorfahren Polizisten waren.
Martin Semmelrogge ist Abstinenzler
Seit Jahren lebt er in seiner Wahlheimat Mallorca. Das passt zu seinem sonnigen Gemüt. Lampenfieber ist ihm weitestgehend fremd: „Meine beruflichen Aufgaben gehe ich ausschließlich mit Spaß an – alles andere macht für mich keinen Sinn“, sagt er. Natürlich entfalle ihm auch mal eine Zeile, dann sei eben Improvisationstalent gefragt.
Martin Semmelrogge ist nun Abstinenzler. Beim Abendessen nach dem Auftritt in Berlin trinkt er alkoholfreies Weizen. Um fit zu bleiben, nimmt er lieber das Fahrrad als ein Taxi. Seine Glücksgefühle schenken ihm die iberische Sonne und die Schauspielerei.
Er freut sich auf seine kommenden Projekte, zum Beispiel auf einen Film über die Entstehung des Wacken Festivals. Als Jago in Shakespeares Othello ist er derzeit deutschlandweit zu sehen. An seiner Seite spielt seine Tochter Joanna Semmelrogge in der Rolle der Desdemona. Der Kreis schließt sich.
(mz)